Pfirsichsalbei, Datteltomaten, Schokoladenpfeffer, japanischer Sake und französischer Rhum: Wer sich nach Ferien sehnt, sollte unbedingt ins Zum Kuss, um Markuss Engelers neuste Kreation, den «Michael Salvia Tomato», zu probieren. Solange du noch kannst ...

Michele Paolo aus dem Perron wollte ein bisschen fies sein, als er die drei Zutaten für Markuss Engeler ausgesucht hat. Mit der Annahme, dass der Rhum Agricole-Liebhaber auch zu einer entsprechenden Flasche greifen wird. Ob es Michele gelungen ist? Und Ob Markuss tatsächlich mit einem französischen Rhum arbeiten wird?

«Oh, diese Botanicals würden sich wunderbar eignen, um einen Gin damit zu kreieren. Oder für einen Spiced Rum», schwärmt Markuss, als er den Salbei, die Datteltomaten und das Zitronengras entdeckt.

«Aber gäll, es muss alles jetzt passieren. Keine Zeit für längere Infusionen und ähnliche Spässe», erinnere ich ihn. «Ich hab’ ja eine Stunde Zeit? Alles kein Problem!», bleibt er entspannt.

Mit Tomaten sei er derzeit sowieso am experimentieren, erzählt mir der 54-jährige Bartender und Inhaber vom Zum Kuss im De-Wette Park am Bahnhof.

Der Grund: Er hilft einem guten Freund bei der Konzeption des Alchemisten, der in Bälde an der Schifflände eröffnen wird. «Die Idee dort ist es, dass man verschiedene Ingredienzen kriegt, um dann am Tisch seinen eigenen Gin & Tonic zu mixen.» Ähnlich wie ein Alchemist halt.

Und was mixt er uns nun? «Am einfachsten wäre es wohl, die Tomaten in den Rum zu stampfen, doch das ist mir zu simpel.» Tomaten im Rum? «Ja, das funktioniert sicher. Hab’s zwar noch nie probiert», schmunzelt er.

Wer Markuss ein bisschen kennt, weiss: «einfach» gibt es für ihn wirklich nicht. Schliesslich haben wir es hier mit dem Mann zu tun, der seinen Gästen bei jeder Gin & Tonic-Bestellung ein Probiererli des Gins mitserviert, «schliesslich schmeckt der Gin pur ja immer anders!» Das Gleiche gilt auch für die Basisspirituose in einem Cocktail.

Das Zum Kuss ist ausserdem wahrscheinlich auch der einzige Ort in Basel, an dem man seine Rechnung gerne kriegt. Der Grund? Du findest dort neben der schlechten Nachricht immer auch das Rezept (oder die Rezepte!) von dem Drink, den du soeben genossen hast. «Das mache ich seit 2003 so, damals war ich noch in der Cargobar tätig.» La classe!

Er klettert auf die legendäre Barleiter. Neben einer Wand voll exotischer Flaschen, welche er zum Teil eigenhändig von seinen Reisen mitgebracht und ordnungsgemäss importiert hat, stechen mir auch nette hausgemachte Kreationen in die Augen: eingelegte Jalapeños, verschiedene Pfeffersorten, aber auch ein Tomme (Weichkäse) oder ein Laugengipfeli … der Präsident vom Verein der Basel BarTender ist halt einfach ein Meister seines Fachs.

Ganz geil auch: Den Rum (Plantation Dark Original) gibt’s bei ihm mittlerweile sogar aus dem Zapfhahn!

#D3DD56D6-F243-470A-83D3-20411F76500B.jpeg

Nicht ohne meinen Rum

«Weil ich mitgekriegt habe, dass du auf japanische Spirituosen stehst, probiere ich nachher mal was mit Sake und Tomaten.» «Cool, endlich mal was anderes!», zeige ich meine Freude. «Als immer dieser Agricole, meinsch?» Ha! So hätte man das in diesem Fall natürlich auch verstehen können.

Markuss gibt mir ein Schlücklein vom Sake zu probieren. Sehr fein!

Ich nippe an meinem Glas, schaue wieder auf – und sehe, wie die Tomaten bereits im Shaker gelandet sind. «Was, schon gemacht?» «Ich habe nur mal probiert», entgegnet er. Und? «Kriege mr scho ane.»

Während sich Markuss mit Tomaten und Sake vergnügt, ist er nebenbei fleissig am Produzieren. Es ist nämlich grad Apéro-Hour, die beliebteste Zeit im Zum Kuss.

#D2AA7585-8950-4423-A8DF-6FA85582FE26.jpeg

«Was machsch?», frage ich, als ich merke, dass er sich wieder unserer Mixtur annimmt. Bei Markuss muss ich nachfragen. Der ist dermassen tief in seine Gedanken versunken, dass er schnell mal vergisst, sich mitzuteilen. «Ich habe jetzt mal ein bisschen Piment Bitters, Salbei und Rum hinzugefügt.» Er kann’s einfach nicht lassen! «Die Tomaten sorgen für eine gute Säure, da braucht's nichts Zusätzliches. Auch die Fruchtigkeit ist schön.» Allerdings schmecke er auch was Bitteres, das ihn störe. Salbei? «Uh ja, der ist wirklich zu bitter. Ich nehme lieber den aus meinem Garten.»

Und was für ein Exemplar: Ich rieche am blühenden Pfirsichsalbei und fühle mich in meine Kindheit zurück versetzt; als ich Pfirsichringli ins Skilager geschickt bekam, bei speziellen Anlässen einen Pfirsich-Eistee im Restaurant bestellen durfte oder realisierte, dass, mit der ersten Pfirsich, der Sommer endlich wieder vor der Tür stand.

#01DBAA37-9DC6-4930-B294-C644FBB31CF7.jpeg

«Mi dunkts, es fählt noch chli Schoggipfäffer», denkt Markuss weiter. Boah, wer hat denn das erfunden? «Keine Ahnung, hab’ das letzte Woche auf dem Markt gefunden.»

Er schneidet die Pfeffer-Würmchen in kleine Stücke und muddelt sie in seine Mixtur. Shake number two. Ob er nun zufrieden sein wird? «Nei, nonig. Die Mischung Sake-Rum geht noch nicht ganz auf», Markuss tüftelt und am Ende ergänzt er mit Zuckersirup. Und endlich: ein Lächeln!

#73F760EE-2F2A-4348-B13C-284B47B619CC.jpeg

«So, Madame!» Was für eine Erscheinung! Und echt saumässig spannend. Die Datteltomaten hat er nicht nur mitgeshaked, sondern auch fein geschnitten ins Glas gelegt, als Deko – und für zusätzlichen Geschmack.

Ich schliesse die Augen und rieche an der farbenfrohen Kreation: Jetzt ist es nicht die Kindheit mit den Pfirsichringlis, sondern finde ich mich in einer Hängematte wieder. Im Hinterhof eines spanischen Landhauses, umgeben von frischen Kräutern, Olivenbäumen und Palmen. Fehlt nur noch das Barbecue mit einem saftigen Tomaten-Mozzarella-Salat dazu. Oder doch lieber eine frischgebackene Pizza? Den Sonnenschein gibt’s im Zum Kuss auf jeden Fall gratis zum «Michael Salvia Tomato» dazu.

Merci für diesen herrlichen sensorischen Kurztrip, Monsieur!

#1A435A0F-21E6-4703-A7AD-2E877A77BC50.jpeg

Bevor mir Markuss verrät, wen er gerne ins Rennen schicken möchte, will ich von ihm noch wissen, wieso er eigentlich das Zitronengras stillschweigend begraben hat: «Natürlich hätte das perfekt zum japanischen Sake gepasst. Aber auch das wäre mir zu einfach gewesen. Ausserdem harmonieren die anderen Zutaten zu gut, bringen ein exotisches Element zum Rum, der den Drink runder macht.»

Okay, okay. Und wer darf nun dran glauben? «Beni aus dem Hinz & Kunz

Alright, Beni – let’s smash it!

Michael Salvia Tomato

3.5cl Rum Plantation Original Dark (aus dem Zapfhahn)

3.5cl Sake Junmai Daiginjo 50

1.5cl Zuckersirup (Verhältnis Wasser-Zucker 1:1)

2 bis 3 Würmli vom Schokoladenpfeffer

2 Dashes Piment Bitters (?)

1 Hand voll Datteltomaten

Ein paar Zweige vom Pfirsichsalbei

Schokoladenpfeffer zerstossen, zwei Datteltomaten auf die Seite legen und den Rest fein schneiden, um ihn mit den anderen Zutaten auf Eis zu shaken. Auf grossem Eiswürfel im Tumbler Glas servieren; zwei Datteltomaten fein schneiden und oben auflegen, mit Salbeizweig garnieren. Et bonjour, les vacances!

#E0F2B7FA-95D4-45C2-AEAF-A4AF4A338BCF.jpeg

Markuss Engeler, 54, Inhaber vom Zum Kuss

Bitte vervollständige den Satz: Du mixt am liebsten …

Nackt.

In welchem Moment wärst du am gerne in deinem Shaker versunken?

Wenn er gefüllt wäre mit einem 15-jährigen Agricole Rhum von Depaz. Vorausgesetzt, der Shaker ist gross genug.

Welchen Drink könnte man in deinen Augen von den Karten streichen?

Campari Orange oder Moscow Mule.

Lieblingsbar:

Alquímico in Cartagena – der Alchemist in Kolumbien.

Du als Spirituose:

Ein guter, fassgelagerter Rhum Agricole.

Dein Rezept gegen Kater?

Witer mache!

Tag oder Nacht?

Nacht.

Seit wievielen Jahren arbeitest du als Barkeeper?

26, glaub.

Smash it!

Drei Zutaten, ein Shaker: In der Serie «Smash it!» werden regelmässig lokale Barkeeper herausgefordert, aus zwei von drei mitgebrachten Zutaten spontan einen möglichst spannenden Drink zu kreieren. Was sonst noch ins Mixglas kommt, ist ihnen überlassen.

Mixologen sind mehr als bloss Bartender; Aperol Spritz und Gin & Tonic mittlerweile nur noch langweilige Relikte auf einer raffinierten Cocktailkarte.

Die Basler Barszene wächst stetig. Und wir haben das Glück, die kreativsten Talente in unserer Stadt zu haben. Grund genug, einen genaueren Blick in die verschiedenen Gläser zu werfen – und damit anzustossen!