Entwürfe «Theater Basel Grotesk», Nouvelle Noire, 2020
Schau genau hin – das Theater Basel hat seinen visuellen Auftritt erneuert. Das zuständige Grafikbüro Claudiabasel gibt einen Einblick, wie der ikonische Schriftzug von 1957 in aufwändiger Fleissarbeit in die heutige Zeit übertragen und angepasst wurde.

Hast du schon mal was von Ligaturen gehört? Oder kennst du dich mit grafischen Fachausdrücken wie Hinting oder Unterschneidungen aus? Nicht? Dann geht's dir gleich wie uns. So viel vorweg: Hinter diesen Begriffen stecken vor allem monatelange Fleissarbeit und unermüdliches Herumtüfteln an tausenden Details.

Zusammen mit Jiri Oplatek vom zuständigen Grafikbüro Claudiabasel gewähren wir dir einen Einblick in die optische Erfrischungskur, welche sich das @Theater Basel unterzogen hat.

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Beim Theater Basel läuft was

Rund um's Theater Basel gibt es eine Menge zu erzählen. Da wären die Renovationsarbeiten des gesamten Hauses, da wäre die neue Intendanz unter Benedikt von Peter – und da wäre eben dieser ikonische Schriftzug aus dem Jahre 1957, welcher in die heutige Zeit übertragen und angepasst wurde. Das Theater Basel startet also in eine neue Ära voller optischer Auffrischungen – baulich, personell und grafisch. Dass Corona just in diese wegweisende Zeit fällt und damit die eigentliche Kernkompetenz – emotionale Theaterstücke, stimmgewaltige Opern und beeindruckende Performances – auf der Strecke bleibt, kann eigentlich nur als bitterbösen Witz interpretiert werden.

Nun aber wieder zurück zum ikonischen Schriftzug, dessen grafische Erneuerung fast so viele Arbeitsschritte erfordert wie die Baustelle in und um das Theater Basel. Dieser stadtbekannte Schriftzug geht zurück aufs Jahr 1957. Die vom Schweizer Grafikdesigner Armin Hofmann gestaltete Wortmarke «Stadttheater Basel» prägte den grafischen Aussenauftritt des Theaters bis heute. Am augenscheinlichsten vermutlich beim Zugang zur Billettkasse anzutreffen. Das Besondere an der Wortmarke von Armin Hofmann: die Ligaturen, also die Buchstabenverbindungen bei «THE», «TE», «LL» und «TT». Genau diese Besonderheit – Buchstaben, die ineinander verlaufen beziehungsweise miteinander verbunden sind – sollte auch in die neue, modernere Wortmarke einfliessen und idealerweise auch noch die nächsten 50 Jahre für einen Wiedererkennungseffekt sorgen.

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Zeitaufwändiger Buchstaben-Salat

Keine leichte Aufgabe für Jiri Oplatek und sein Team von Claudiabasel, welche die neue Wortmarke in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Studio Nouvelle Noire erarbeiten sollten. «Die Herausforderung lag in den Ligaturen «THE», «TE», «LL» und «TT», die jeweils zu einem Zeichen zusammengefügt waren», sagt Jiri Oplatek und erklärt weiter: «Basierend auf diesen haben wir alle möglichen Buchstabenverbindungen durchgespielt, was sehr zeitaufwändig war. Viele von den Buchstabenverbindungen haben es dann nicht in die finale Schrift geschafft.»

«Wir haben alle möglichen Buchstabenverbindungen durchgespielt, was sehr zeitaufwändig war.» (Jiri Oplatek, Grafiker bei Claudiabasel)

Schau genau hin – denn die alte und die neue Schrift unterscheidet sich vor allem in den Details, erzählt Jiri Oplatek: «Die Proportionen sind leicht anders und wir haben die Buchstaben und eingebauten Ligaturen etwas harmonischer gezeichnet. Wenn man nicht den direkten Vergleich hat, ist es schwierig die Unterschiede zu sehen.» Dann also her mit dem direkten Vergleich!

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Same same but different, könnte man sagen. Eine Wortmarke mit eigener Identität, die jedoch starken nostalgischen Charakter hat und an die ursprüngliche Version von Armin Hofmann aus dem Jahre 1957 erinnert. Damit würdigen das Theater Basel, sowie die beiden involvierten Grafikbüros Claudiabasel und Nouvelle Noire auch gleich das Lebenswerk von Armin Hofmann, der als einflussreicher Lehrer an der Kunstgewerbeschule Basel zwischen 1947 und 1986 zudem viele Generationen von Grafikern ausbildete und prägte und im Dezember 2020 im Alter von 100 Jahren verstorben ist.

Fleissarbeit für die nächsten Jahrzehnte

Was für die meisten von uns, die sich mit dem Aussehen der Buchstaben zuletzt auf Primarstufe vertiefter auseinandergesetzt haben, total unauffällig daher kommt, ist in Wahrheit eine echte Meisterleistung. Denn wie jede visuelle Identität hat auch die neue Wortmarke des Theater Basel den Anspruch, mehrere Intendanten und somit mehrere Jahrzehnte zu überleben, von mehreren Gestaltern – sowohl online wie analog – für alle möglichen Kommunikationsmittel, Texte und Informationen gebraucht werden zu können und dabei zeitgemäss, modern und frisch zu erscheinen. Und zwar stets mit nostalgischem Touch.

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Ist die Schrift dann erstmal definiert, jeder Buchstabe und jede Buchstabenverbindung gesetzt, ist erst der erste Teil der Fleissarbeit abgeschlossen. Danach geht's an die Unterschneidungen (Ausgleichen der Abstände zwischen den einzelnen Zeichen), das Hinting (Optimierung der Darstellung für den digitalen Gebrauch), sowie an unzählige weitere Verfeinerungen der Schrift. So dass am Ende jeder Buchstabe in jedem Wort und in jeder Kombination verwendet werden kann.

«Wenn man nicht den direkten Vergleich hat, ist es schwierig die Unterschiede zu sehen.» (Jiri Oplatek, Grafiker bei Claudiabasel)

Wenn du also das nächste Mal beim Theater Basel vorbeiläufst, weisst du nun, wie viel Arbeit sich hinter der Gestaltung des Schriftzugs verbirgt. Ein Schriftzug, der seinen Ursprung in den 50er Jahren hat und die lange Geschichte unseres «Stadttheaters» auf einzigartige Weise nacherzählt.

Und mit ein bisschen Glück darf uns das Theater Basel bald auch wieder weitere schöne Geschichten erzählen. Auf der Bühne.

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