Zwei Sterneköche, zwei Museumsleiterinnen, zwei Chefredaktoren, zwei Clubbesitzer – alle aus Basel – hängen seit kurzem jeweils zu zweit an den Plakatwänden dieser Stadt. Was es mit der neuen Ramstein-Kampagne auf sich hat? Sie zeigt, wie inspirierend Konkurrenz sein kann und wie wertvoll es ist, als Gesellschaft zusammenzustehen.

Es ist, als würde die Sonne aufgehen, als Tanja Grandits in einem leuchtend orangenen Mantel das Geschäft von Ramstein Optik betritt. Draussen ist es kalt und grau. Sie sei gerade in der Champagne gewesen, strahlt die Chefköchin des Sterne-Restaurants Stucki, habe wunderbare biodynamische Produktionen besucht. Tanja Grandits liebt guten Champagner. Und sie liebt schöne Dinge. Tolle Mäntel zum Beispiel oder perfekte Brillen. Als sie Andreas Bichweiler, den Geschäftsführer von Ramstein Optik, kennenlernte, brauchte sie allerdings noch keine Sehhilfe. Knapp 15 Jahre ist das nun her, sie war damals neu in der Stadt und Andi fragte sie für seine stadtbekannte Plakatkampagne an. «Diese Kampagne hat mir in Basel die Türen geöffnet», ist sich Tanja Grandits bewusst. Unterdessen ist sie (Ramstein-)Brillen-Trägerin und eine gute Freundin von Andreas Bichweiler. Kein Wunder also, hat er sie für seine diesjährige, etwas delikate Kampagne als erstes angefragt. 

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«Ich weiss, dass Tanja ein unglaubliches Gespür hat. Sie hätte mir sofort gesagt, wenn meine Idee nicht gut gewesen wäre», ist er sich sicher. Dennoch war er etwas nervös, als er ihr seinen Plan am Telefon erläuterte. Gemeinsam mit Peter Knogl wollte er sie ablichten lassen, dem Chefkoch des Gourmettempels Le Cheval Blanc. 3 Sterne im Guide Michelin, 19 GaultMillau-Punkte – ebenso viele wie Tanja Grandits. Zwei Konkurrenten auf einem Foto. «Meine erste Reaktion war: Wirklich?!?», grinst Tanja Grandits. «Ich habe mir das sofort visuell vorgestellt. Ich bin sehr klein. Peter Knogel ist ein Riese. Ich war mir nicht sicher, ob das auf einem Plakat wirklich gut aussieht. Konkurrenzgedanken hingegen hatte ich nie, die sind mir grundsätzlich fremd. Menschen, die in die Stadt kommen, essen mal bei mir und mal bei Peter. Das Trois Rois und das Stucki bereichern sich gegenseitig», erklärt sie. Zudem esse sie ja auch hin und wieder bei ihm.  

 

Solidarität statt Egoismus

Tanja Grandits ist als offene, warmherzige und wohlwollende Person eine Ausnahmeerscheinung. Die vergangenen von Pandemie, Klimakrise, despotischen Politikern und Krieg geprägten Jahre haben die Menschen verändert. Unter verdunkeltem Horizont gedeihen Unsicherheiten und Ängste. «Ich beobachte wachsenden Egoismus», erzählt Andreas Bichweiler. «Jeder schaut nur noch für sich. Dabei ist es doch gerade jetzt wichtig, näher zusammen zu rücken. In schwierigen Zeiten ist Solidarität das A und O!» Aus diesem Bewusstsein heraus entstand die neue Plakat-Kampagne von Ramstein Optik, die das vordergründig Undenkbare wagt: Das Bedürfnis nach Einigkeit und Zusammenhalt zu symbolisieren, ohne dabei kitschig oder bevormundend zu wirken. Ramstein lässt Paare, die in einem Konkurrenzverhältnis zueinanderstehen, gemeinsam vor der Kamera posieren. Und setzt mit dieser positiven Botschaft ein Zeichen.

 

In dieser Plakat-Kampagne ist ganz viel Herz drin. Tanja Grandits

Sechs vordergründig konkurrenzierende Paare fragte Andi Bichweiler an – alle zwölf Personen sagten zu seinem Erstaunen begeistert zu. Auch Tanja Grandits: «Ich fand die Idee des Miteinander sofort toll. Es ist auch meine Philosophie, dass man nur zusammen Dinge bewegen kann. In dieser Plakat-Kampagne ist ganz viel Herz drin. In einer Zeit, in der laufend kritisiert wird, alles negativ und schwierig erscheint, zeigen diese Bilder genau das Gegenteil: Es ist einfach! Man kann nebeneinanderstehen und sich fotografieren lassen. Man macht ja das Gleiche, an verschiedenen Orten zwar und mit verschiedenen Ideen, aber das verbindet doch ungemein. Und das sieht man auf allen Bildern.»

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Veränderung beginnt im Kleinen

Nach 33 Jahren Ramstein-Plakaten mit Einzelporträts, sieht man in diesem Jahr nun also erstmals Plakate mit zwei Menschen in der Stadt hängen. Zwei Chefredaktoren zum Beispiel, zwei Museumsleiterinnen, zwei Club-Besitzer oder zwei Kinderbuchautorinnen. Menschen, die vor dem Shooting nicht unbedingt zusammen ins Taxi gestiegen wären. Die sich während des zweistündigen Posierens in den Industriehallen des Klybeckareals allerdings näher kamen, es gar lustig hatten und sich – in einem Fall – am Ende sogar umarmten. «Sie alle sind anders gegangen, als sie gekommen sind. Es war bei allen eine Transformation spürbar. Und das hat mich fest gefreut», lächelt Andi Bichweiler still. Auch die Sterneköche Tanja Grandits und Peter Knogl haben sich während des Shootings von einer neuen Seite kennengelernt. «Ich hätte nie gedacht, dass Peter das Posieren solchen Spass macht», staunt Tanja rückblickend. «Er war überhaupt nicht gestresst, im Gegenteil, sogar total locker, hat sich wohl gefühlt und sich richtig gefreut – das war sehr schön zu erleben.» 

 

Andi Bichweilers Herz geht derweil über vor Freude. Weil er spürt, dass seine Idee die Menschen erreicht. Er habe sich allerdings schon ein paar blöde Sprüche anhören müssen, gibt er zu. «Würdest du denn mit Herrn Fielmann aufs selbe Bild? Wurde ich gefragt. Ja, ich würde es machen. Es würde mich sehr viel Überwindung kosten, aber ich würde es tun.» Es geht ihm um das positive Signal. Was wir jetzt brauchen, ist nicht mehr Missgunst, sondern mehr Solidarität. Lasst uns darum zusammenstehen. Vielleicht wird ja unverhofft eine Umarmung draus.

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