Mit Lynette Yiadom-Boakye präsentiert die Kunsthalle Basel eine Malerei-Ausstellung bestehend ausschliesslich aus Portraits.

Die Treppen in die «heiligen Hallen» heraufschreitend zeigt sich dem Besucher im Oberlichtsaal am Steinenberg ein atemberaubendes Schauspiel. Lauter schwarze Figuren blicken einen in verschiedensten Posen und mit unterschiedlichen Gesten versehen an. Die 39 jährige britische Künstlerin präsentiert ihre kürzlich entstandenen 24 Werke erstmals in der Schweiz.

Kunstkenner vermeinen auf Anhieb Stileinflüsse aus der klassischen Kunstgeschichte von Manet über Degas zu erkennen. In der Tat lässt sich in Yiadom-Boakyes Bildern ein Duktus klassischer, europäischer Kunstgeschichte ausmachen. Und die Motive sind allesamt der Königsdisziplin der westlich konnotierten Kunstgeschichte gewidmet – dem Portrait. Doch was vermeintlich als Übersetzung einer fotografischen Vorlage ins Medium der Malerei erscheint, ist in Wirklichkeit ausschliesslich aus der Gedankenwelt der Künstlerin entstanden, gepaart mit Eindrücken aus Kleiderschaufenster und Zeitschriften oder weiteren Alltagsmedien.

Was mich am meisten erstaunt ist die Leuchtkraft der Bilder obschon sie allesamt relativ in dunklen Tönen gestaltet sind. Die Figuren selbst präsentieren sich allesamt stolz, elegant, selbstbewusst und überhaupt nicht als fiktive Darstellungen bar jeglicher Realität. Dies wohl dank des Miteinbezugs von Gesten und aktuellen (Mode-)Stilen, die uns (in der westlichen Welt) äusserst vertraut erscheinen.

Das Pünktchen auf dem I der Ausstellung liegt meines Erachtens auf der subtilen, äusserst gekonnt formulierten Kritik Yiadom-Boakyes an einer klassisch europäisch (weiss) ausgerichteten Kunstgeschichtsschreibung. Vergleichend zur amerikanischen Appropriation Art bedient sich die Künstlerin den bekannten europäischen Stilen der Kunst der Moderne; widmet sich einer der zentralen Gattungen – dem Portrait. Diese Vorgehensweise wird jedoch drastisch persifliert: Als Vorlage dienen keine Fotografien noch Akte, die wiedergegebenen Figuren entspringen der Fantasie der britischen Künstlerin, angereichert durch Attribute oder Gesten aus der westlichen Welt. Doch das zentrale störende und kritische Moment ist die schwarze Figur. Diese schwarze, afrikanische Figur wird in den westlichen Kunstkanon integriert, indem zutiefst im Abendland verfestigte Darstellungsweisen verschoben wiederholt werden.

Yiadom-Boakye veranschaulicht uns hiermit vor allem eines: Das Portrait in der Kunst stellt besonders die Frage nach der Identität, nach den Zwischenspielen zwischen dem Eigenen und dem Anderen. Black and White oder in weitestem Sinne Otherness kann sich immer nur in diesem unaufhörlichen Austausch bilden. Es gebührt ein grosses Dankeschön an die Kunsthalle Basel, an die Künstlerin Lynette Yiadom-Boakye und die Direktorin Elena Filipovic, dass sie mit «A Passion To A Principle» ein derart zentrales und oftmals zu selten beleuchtetes Thema in Basel wieder in den Fokus rücken.

#GanzBasel_2016_1611_Yiadom-BoakyeKunsthalle_01_Web_(c)Nadja_Borer.jpg

#GanzBasel_2016_1611_Yiadom-BoakyeKunsthalle_08_Web_(c)Nadja_Borer.jpg