Wir lassen uns von unserer Quarantäne-Wundertüte regelmässig mit lokalen Produkten überraschen. Und weil wir hoffen, dass wir den feinen Whisky Sour von Roger bald wieder im Angels' Share geniessen dürfen, bestellen wir, bis wir voll sind und unterstützen die Bar zudem bei der Realisation ihres Cocktailbuches.

So ein Adventskalender ist schon was Magisches. Jeden Tag eine kleine Überraschung. Bis zum grossen, freudigen Tag. In der Hoffnung, dass wir nicht bis Weihnachten in der Quarantäne hocken, haben wir uns was ausgedacht: Wir bestellen uns regelmässig Basler Produkte und lassen uns von ihnen überraschen. Heute aus dem Wundertütli gezogen haben wir den Improved Whisky Sour von Roger Grüter aka roger_thebarrelman. Wir hoffen nämlich schwer, dass wir unsere Lieblingscocktails bald wieder vor Ort, im Angels' Share, schlürfen dürfen.

Ob die verrucht-heimelige Cocktailoase an der Feldbergstrasse nach dem Lockdown je wieder öffnen kann, steht jedoch trotz Go des Bundes noch in den Sternen geschrieben.

Roger Grüter und sein Team sind drum angewiesen auf die Hilfe von möglichst vielen Engeln.

Wieso es sich lohnt, sich am geplanten Cocktailbuch der fabelhaften Mixologen zu beteiligen, erzählt er dir hier im Interview gleich selbst. Wieso auch du schnell einen von Rogers Drinks nach Hause bestellen solltest, können wir dir sagen: Sie sind nicht nur saumässig lecker, sondern auch günstig!

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Roger, wie geht es dir zuhause in Quarantäne, weg von deinem geliebten Tresen im Angels' Share?

Mir geht es gut. Ich bin gesund und kann mehr Zeit mit meiner Frau, Yeliz, verbringen. Wir sind viel mehr am Kochen und Backen als zuvor.

Ruby, unsere Französische Bulldogge, geniesst es zudem sehr, eine 24 Stunden-Betreuung zu haben.

Auch wenn ich direkt um die Ecke vom Angels’ Share wohne, vermisse ich die Arbeit hinter diesem Tresen schon sehr.

 

Langweilig wurde es dir bisher aber wahrscheinlich nicht: Kam die Idee für «roger_thebarrelman» durch Corona?

Als wir das Angels' Share am 19. März schliessen mussten, wollten wir direkt von der Bar aus Cocktails ausliefern. Wir mussten aber relativ schnell feststellen, dass wir das nicht auf legalem Weg tun könnten.

Kurz darauf kam die Anfrage von Florian Wicki, Produzent von skvader und Initiant vom Lieferdienst Aktienmühle at Home. So bin ich spontan als privater Produzent eingesprungen. Und ja, durch diese Cocktailproduktion hatte ich eine schöne Nebenbeschäftigung in den letzten Wochen.

Wir durften den Whisky Sour probieren. Lecker! Wie hast du die Wahl für die vier angebotenen Cocktails getroffen?

Wichtig ist, dass die Drinks massentauglich sind, schliesslich bin ich ja nicht vor Ort. Ich kann die Kreation dem Kunden also weder erklären noch verkaufen. Whisky, Rum, Gin und Vodka sind die beliebtesten Spirituosen bei uns in der Bar und bilden die Basis der vier Barrel-Drinks.

Der «Improved Whisky Sour» verrät mit seinem Namen schon, was drink steckt und ist eine Abwandlung eines sehr populären Drinks aus dem Angels’ Share.

«Cherry Lady» besteht aus Gin und skvader. Diesen Drink habe ich vor einiger Zeit für Florian gemacht und auch schon an verschieden Anlässen erfolgreich unter die Leute gebracht. «Redrum – Smoky Milkpunch» klingt abenteuerlich, ist in Wahrheit aber ein sehr bekömmlicher Rum-Punch. Er lässt sich gut vorbereiten und schmeckt fantastisch.

Seit zwei Wochen gibt’s nun auch den «Cosmopolitan», ein zeitloser Klassiker. Da habe ich mich grösstenteils an die Rezeptur gehalten.

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9.90 Franken pro Glas ist ein sehr fairer Preis. Wieso kostet ein Drink in der Bar gut doppelt so viel?

Der Preis ist eigentlich zu günstig. Ich wusste jedoch nicht, wie gross die Nachfrage sein würde und wollte drum eher tief rein. Schliesslich muss ich mit diesen Drinks keine Arbeit und keine Miete bezahlen. Vielmehr geht es um ein persönliches Beschäftigungsprojekt. Ziel ist es also, am Ende alle Kosten decken zu können. Mehr nicht.

Mit 17 Franken pro Drink sind wir im Angels zum Glück nicht ganz doppelt so teuer. Aber in der Bar müssen neben Material auch Arbeit und Miete bezahlt werden, und die Qualität ist auf jeden Fall eine andere. Im richtigen Glas, frisch zubereitet, mit gutem Eis und einem Lächeln serviert, schmeckt das schon nochmal ganz anders.

 

Ich wage zu behaupten, dass du als sehr strukturierter, durchdachter Barkeeper bekannt bist. Nervt es dich eigentlich, dass du dir immer wieder anhören musst, dass du ausgebildeter Chemiker bist?

Ich freue mich über diese Reputation und nein, es nervt mich nicht. Meine Vergangenheit als Chemielaborant ist ein Teil von mir, den ich nicht missen möchte.

 

Drehen wir den Spiess mal um: Inwiefern hilft dir die Chemie in der Mixologie? Hilft sie überhaupt?

Durch die Ausbildung in der Chemie und das Verständnis für die Grundlagen der Alltagsphysik fällt es mir leichter, die Prozesse beim Cocktailmixen oder bei der Herstellung von Spirituosen zu verstehen.

Die eigentliche Kunst beim Mixen und Kreieren von Cocktails ist es jedoch, eine Komposition von Geschmäckern, Düften und Texturen zu finden. Dabei hilft mein Hintergrund als Laborant wenig.

 

Wie kam's, dass die Mixologie schliesslich gewonnen hat?

Chemie und Bartending standen noch nie in Konkurrenz zueinander. Nach meiner Lehre habe ich noch knapp zehn Jahre im Labor gearbeitet. Wobei mir bereits nach circa vier Jahren klar war, dass ich mich nicht als Chemielaborant pensionieren lassen will. Was ich aber stattdessen machen wollte, wusste ich damals auch nicht. Und für wilde Experimente war der Laborjob zu bequem und zu gut bezahlt.

2009 habe ich dann einen Grundlagen-Barkurs gemacht. Da wurde mir sofort klar, dass ich meine Berufung nun gefunden hatte.

 

Wieso wir das Angels' Share vermissen, liegt auf der Hand. Was aber fehlt dir aktuell am meisten?

Am meisten fehlt mir die Arbeit mit meinen wunderbaren Kolleginnen und Kollegen. Aber auch der Austausch und das Bewirten der Gäste. Und klar, auf das Mixen und Kreiern der Cocktails freue ich mich ebenso!

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Eure Bar ist hauptsächlich mit Sitzplätzen ausgestattet. Ein klarer Vorteil. In welcher Form werdet ihr am 11. Mai eure Türe wieder öffnen?

Wir werden am 11. Mai voraussichtlich nicht öffnen. Bei der Grösse unserer Bar dürften wir anhand der aktuellen Hygienevorschriften gerade mal drei Tische à vier Personen platzieren. Diese Umstände machen es unmöglich, das Angels’ Share wirtschaftlich zu betreiben.

Dazu kommt, dass der Sommer vor der Tür steht – grundsätzlich ein schwieriges Thema. Die Menschen wollen jetzt raus!

Bisher war es so, dass wir in den Monaten März bis Mai das Polster für den Sommer erwirtschaften konnten. Konkret heisst das: die Miete für den Juli. Dieses Jahr fehlen uns diese Monate. Wir mussten sogar einen Kredit aufnehmen, um die Miete bezahlen zu können. Drum dürfen wir uns keine einzige Stunde leisten, die nicht rentiert.

Wir freuen uns aber, unsere Gäste bald wieder im Quarterdeck an der Uferstrasse empfangen zu können.

 

«Roger_thebarrelman» ist nicht der einzige kreative Wurf, der in der Corona-Zeit entstanden ist. Das Angels' Share bringt bald auch ein fettes Cocktailbuch auf den Markt. Worauf darf man sich freuen?

Ja, wir haben soeben ein Corwdfunding-Projekt gestartet, um ein Cocktailbuch zu produzieren, das unser Schaffen der letzten vier Jahre zusammenfasst. Darin werden all unsere besten Kreationen mit Hintergundgeschichten und viele unserer Erlebnisse an der Bar und bei Wettkämpfen präsentiert.

Nach vier Jahren und dem Gewinn des Titels «Schweizer Bar des Jahres 2020» an den «Mixology Bar Awards» war der Zeitpunkt für ein Buch sowieso perfekt. Durch die Corona-Krise entstand schliesslich die Kooperation mit zwei befreundeten KMUs, die wirtschaftlich genauso betroffen sind wie wir.

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200 Franken für ein Buch wirken auf den ersten Blick ziemlich heftig. Wie rechtfertigt sich dieser Preis?

Die Idee dahinter ist, dass wir – in der Zeit, wo wir nicht aufmachen dürfen, beziehungsweise können –, mit dem Erlös die Miete vom Angels' Share bezahlen.

Ausserdem wollen wir unsere zwei befreundeten Unternehmen, SWIWI Design und Nicolas Gysin Photography, engagieren. Da die Aufträge wegfallen, leiden sie momentan genauso. Es war uns also ein grosses Anliegen, sie normal und angemessen zu bezahlen. Hinzu kommt die Produktion, die auch nicht gratis ist. Und wir wollen auf jeden Fall ein hochwertiges, in der Schweiz hergestelltes, Produkt auf den Markt bringen.

Am Ende bleiben uns also nur noch etwa 35 Franken pro Exemplar. Die ganze Arbeit, die wir mit dem Verfassen der Texte haben, ist Fronarbeit.

 

Es geht aber auch günstiger: Inwiefern kann man euch sonst noch via wemakeit unterstützen und was kriegt man im Gegenzug dafür?

Wer mag, darf einen frei wählbaren Betrag einzahlen, ohne Belohnung. Für 50 Franken kreieren wir dir ein persönliches Cocktailrezept, für 80 Franken gleich zwei.

Dann gibt es für 200 Franken das besagte Buch. Für 250 Franken kriegst du neben dem Buch ein persönliches Rezept oder eine Flasche des berühmten Angels' Share Gin. Und für 300 Franken gibt's das ganze Paket: Buch, Gin und ein persönliches Rezept.

 

Vor allem die Sache mit dem eigenen Cocktailrezept klingt spannend. Wenn ich dir jetzt spontan sage, dass ich gerne Whisky und Sherry trinke und ein grosser Fan bin von Sesam, Datteln und Mango: Was würdest du mir mixen?

Du hast ja den «Improved Whisky Sour» probiert und für gut befunden. Whisky und Fino Sherry haben wir also bereits drin. Den Pandansirup könnte ich durch Dattelsirup ersetzen, den Drink mit einem Schluck kräftigem Datteltee auffüllen und so zu einem Longdrink machen.

Auch ein Sesam-Mango-Sirup dürfte spannend sein. Ergänzt mit etwas rauchigem Scotch Whisky und Amontillado Sherry, und schliesslich mit Zitrone oder Limette ausbalanciert ... Mit solch guten Vorgaben alles kein Problem.

 

Auffällig an eurem Buch sind nicht nur die schmackhaften Drinks, sondern auch die grandiosen Fotografien. Wie kam's zur Zusammenarbeit mit Nicolas Gysin?

Nicolas Gysin, ein guter Freund von meinem Kollegen Chutz, ist seit Tag eins der Hausfotograf vom Angels' Share.

Das Shooting für die Konzeptidee und der Dreh des Promovideos für wemakeit hat uns dermassen Spass gemacht! Wir hoffen also wirklich, dass wir die Finanzierung zusammenkriegen und richtig loslegen können.

Übrigens: Auch SWIWI Design, unsere Grafiker, arbeiten schon lange mit uns. Sie haben neben unserem Logo auch die Karte vom Angels entworfen und beim Preview des Buches einen super Job gemacht.

 

Wird es «roger_thebarrelman» auch nach Corona noch geben?

Das ist schwierig zu sagen. Was ich sicher weiss: Wir werden bis Ende Mai weitermachen und beobachten, wie sich die Nachfrage entwickelt.

 

Welchen Drink mixt du dir zuhause am meisten?

Ich mixe zuhause fast keine Cocktails. Erstens habe ich viel zu wenig Eis dafür und zweitens fehlen mir viele Zutaten. Purer Bourbon ist drum meist der Drink meiner Wahl.

Von meinen vier Barrelman-Drinks ist mir der Redrum der liebste. Davon habe ich schon ein paar eingepackt.

 

In welche Basler Bar oder Beiz wird es dich nach dem Lockdown wohl als Erstes ziehen und wieso?

Ich freue mich darauf, meine Freunde vom Werk 8 zu besuchen. Neben den guten Drinks dort bin ich auch ein Fan des Club Sandwiches.

Auch über ein Abendessen im Restaurant LA in der St. Johanns-Vorstadt würde ich mich sehr freuen! Das ist momentan unser Lieblingsrestaurant in Basel.

 

Zuerst der Bart, nun die Haare auf dem Kopf: Was hast du in der Quarantäne sonst noch Neues entdeckt?

Der lange Bart ist schon länger weg, die Frisur hingegen ist neu. Mir ging's wie allen anderen auch: Ein Besuch beim Coiffeur war längst überfällig, aber unmöglich. Es blieb mir also nichts anderes übrig, als es selbst in die Hand zu nehmen. Ich wollte sowieso schon lange mal probieren, ob mir kurze Haare stehen. Meine Stirn wird drum immer länger, die Glatze somit früher oder später unausweichlich ...

Ansonsten habe ich mich sehr gut an die Verhaltensregeln gehalten. Schliesslich bin ich darauf angewiesen, dass der Lockdown möglichst bald wieder vorbei ist.

Gekocht habe ich vorher schon gerne, oft fehlte mir aber leider die Zeit dafür. Auch fürs Pfeifenrauchen habe ich endlich wieder freie Minuten. Ein Hobby, das ich vor einem Jahr für mich entdeckt habe. Zu guter Letzt haben etliche tolle Netflix-Serien und Dokus geholfen, die Zeit zu vertreiben. Hier ein paar Tipps:

Dokus

The Last Dance, Dirty Money, Nobody Speak (Trials of the Free Press), Chefs Table, The Defiant Ones

Serien

The Alienist, Manhunt: Unabomber, Mindhunter, Vikings, Penny Dreadful

Sieht gut aus, lieber Roger – Frisur und Pfeife! Danke für das offene Gespräch und see you soon on the Quarterdeck. Ahoi!

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Sei ein Engel und rette das Angels' Share

Damit du deinen Lieblingsdrink auch künftig wieder im Angels' Share geniessen kannst, ist die Bar auf deine Hilfe angewiesen.

Ganz unter dem Motto «Gemeinsam durch die Krise» möchte das Angels' Share zusammen mit zwei befreundeten Kleinbetrieben ein hochwertiges Cocktailbuch für dich und alle Cocktailliebhaber realisieren. Du entscheidest selbst, wieviel du gibst. Und wirst auf jeden Fall nett belohnt – zum Beispiel mit Cocktailrezept oder dem edlen Buch natürlich.

Hier geht's zum Crowdfunding-Projekt.

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