Die Mittelsäule des Dreizackbrunnens.
Seit August ist die Erneuerung der Freien Strasse in vollem Gang. Gesamtprojektleiter Matthias Fluri schaut zurück auf die ersten drei Monate der Baustelle, deren Zeitplan nicht einmal ein 800 Jahre altes Grab durcheinander bringen kann.

Oxford Street, Fifth Avenue, Champs-Elysées – jede Stadt hat ihre eigene Vorzeigemeile, die auf keiner Shoppingtour fehlen darf. In Basel ist es die Freie Strasse, an welcher sich die grossen Marken, internationalen Ketten und Luxus-Geschäfte präsentieren. Und wenn eine solch bedeutende Strasse komplett erneuert und umgestaltet wird, dann sorgt dies für ziemlich viel Aufmerksamkeit. Doch nicht bloss aufgrund unvermeidbarer Lärmemissionen, die jede Baustelle mit sich bringt. Nein – es ist die beeindruckende Dimension, es sind die tausenden Teilschritte und die aufregenden Überraschungen, die mit einem solchen Grossprojekt einher gehen.

#Visu_obere_Freie-Strasse.jpg

Innerhalb von rund drei Jahren werden die Freie Strasse und die angrenzenden Gassen in eine attraktive Flaniermeile umgewandelt und den heutigen Bedürfnissen einer zeitgemässen Einkaufsstrasse angepasst. Die Trottoirs fallen weg, die Freie Strasse wird somit breiter, gemütlicher und offener gestaltet und mit hochwertigem und langlebigem Alpnacher Quarzsandstein ausgestattet. Im selben Zug werden die in die Jahre gekommenen Werkleitungen wie Abwasser, Elektrizität, Trinkwasser und Telekom saniert. Am 3. August wurde mit der ersten von insgesamt fünf Teiletappen begonnen: Der oberste Teil der Freien Strasse – vom Bankverein bis zur Bäumleingasse – ist zuerst an der Reihe.

Der Mann, der den möglichst reibungslosen Ablauf und die anspruchsvolle Koordination aller fünf Bauetappen verantwortet und dabei nie den Überblick verliert, ist Gesamtprojektleiter Matthias Fluri. Er ist der kühle Kopf hinter der Erneuerung der Freien Strasse. Zusammen mit ihm schauen wir auf die ersten drei Monate der Baustelle zurück.

Welches sind die grössten Herausforderungen für Sie als Gesamtprojektleiter?

Matthias Fluri: Ein Grossteil meiner Arbeit liegt in der Koordination und Kommunikation. Das Projekt kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten, das heisst Auftraggeber, Auftragnehmer, Behörden aber auch Anwohnende, Gewerbe und Gastronomie an einem Strick ziehen. Und ganz wichtig ist natürlich die Zufriedenheit der Passantinnen und Passanten sowie der Kundinnen und Kunden der vielen Geschäfte. Da legen wir viel Wert darauf und so kommt es auch immer wieder zu positiven Begegnungen.

Das Projekt kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten, das heisst Auftraggeber, Auftragnehmer, Behörden aber auch Anwohnende, Gewerbe und Gastronomie an einem Strick ziehen. (Gesamtprojektleiter Matthias Fluri)

Wie viele einzelne Teilschritte umfasst so ein Grossprojekt wie die Erneuerung der Freien Strasse und wie aufwendig ist die Planung?

Bevor die Bauarbeiten beginnen konnten brauchte es viel Vorbereitung. Dabei wird die Planung mit jedem Schritt genauer. Bei der Freien Strasse war das «Gestaltungskonzept Innenstadt» des Planungsamts eine erste Grundlage. Der Grosse Rat hatte dieses im Jahr 2015 mit den entsprechenden Geldern genehmigt. Das Gestaltungskonzept definiert einheitliche Grundsätze für die Gestaltung aller Gassen, Strassen und Plätzen der Innenstadt. Gemeinsam mit den Eigentümern der unterirdischen Versorgungsleitungen wurde anschliessend der Umfang und der Zeitpunkt für die Bauarbeiten festgelegt. In den letzten drei Jahren erfolgte die Detailplanung mit der Beauftragung von Planungs- und Baufirmen. Parallel wurde die Baubewilligung eingeholt und die Baustelle konnte plangemäss starten. Der gesamte Prozess war bei der Freien Strasse aber aufgrund des grossen Umfangs und des öffentlichen Interesses schon etwas länger als bei anderen Projekten.

#Ej3W475XYAA4Nh5.jpeg

Die Umgestaltung der Freien Strasse ist aber bereits seit mehreren Jahrzehnten ein vieldiskutiertes Thema. Die Werkleitungen im Untergrund, die gleichzeitig ersetzt werden, müssten somit auch schon einige Jahre auf dem Buckel haben?

Einzelne Energieleitungen stammen tatsächlich noch aus dem 19. Jahrhundert – sind also über 100 Jahre alt. Da nach der Erneuerung der Oberfläche mit den Platten aus Quarzsandstein für viele Jahre nicht mehr aufgegraben werden soll, werden möglichst viele Leitungen jetzt saniert.

Gräber, die bisher aufgedeckt wurden, dürften zum früheren «Spital an der Schwellen» gehören, das 1265 gegründet wurde. (Gesamtprojektleiter Matthias Fluri)

Bei den Bauarbeiten der ersten Etappe kamen auch archäologischen Funde zum Vorschein. Was genau wurde gefunden und was passiert nun damit?

Wie wir es erwartet haben, gab es in der ersten Bauetappe zahlreiche Funde. Die heute rund zwölf Meter breite Einkaufsstrasse war bis ins 19. Jahrhunderts nur etwa halb so breit. Die Archäologische Bodenforschung des Kantons stiess während den Bauarbeiten auf Keller- und Gebäudemauern aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit (Foto: «Archäologische Funde während der ersten Bauetappe der Erneuerung der Freien Strasse»). Gräber, die bisher aufgedeckt wurden (Foto: «Überbleibsel von bis zu 800 Jahre alten Gräbern»), dürften zum früheren «Spital an der Schwellen» gehören, das 1265 gegründet wurde. Alle Funde werden genau dokumentiert und jene Gegenstände, die entfernt werden können, werden archiviert. Wir stehen in engem Kontakt mit den Archäologen und die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Trotz der zahlreichen archäologischen Funde haben wir die Bautermine bisher einhalten können.

#Arch-1.jpg

#Arch-2.jpg

Die Erneuerung der Freien Strasse sieht auch die Umplatzierung des Dreizackbrunnens vor. Der Dreizackbrunnen am Fusse des Münsterbergs wird in Anlehnung an seine historische Position um wenige Meter in Richtung Freie Strasse versetzt. Er wird dadurch aus allen Richtungen von weitem sichtbar und zum Mittelpunkt der platzartigen Aufweitung der Freien Strasse. In Vorbereitung auf die zweite Bauetappe wurde der stadtbekannte Brunnen nun bereits von seinem angestammten Platz entfernt. Wie sieht das genaue Vorgehen aus?

In umgekehrter Reihenfolge, wie der Brunnen zusammengebaut wurde, nahmen wir ihn auseinander. Zuerst wurde der Brunnenstock – die Mittelsäule mit dem Dreizack und den vier Wasserspeiern – demontiert (Foto: «Die Mittelsäule des Dreizackbrunnens»). Anschliessend wurde der vordere Teil des Brunnenbeckens genau dort auseinandergeschnitten, wo es zusammengesetzt wurde (Foto: «Der Dreizackbrunnen wird in zwei Hälften zerlegt»). Der Stock und der vordere Teil liegen nun auf einem Lagerplatz der IWB. In einem nächsten Schritt bauen wir die Brunnenstube um, damit sie mit dem neuen Standort des Brunnens übereinstimmt. Die Brunnenstube ist der Raum unter dem Brunnen, durch welchen die Wasserleitungen geführt sind. Nachdem wir rund um den Brunnen alle Werkleitungen saniert haben, verschieben wir den hinteren Teil des Brunnenbeckens rund zwei Meter gegen die Strassenmitte und bauen alles und wieder zusammen. Dieses Vorgehen ist einerseits aufwendig, andererseits, durch die Zusammenarbeit mit den richtigen Spezialisten, aber hochinteressant.

#Brunnen-1.jpg

#Bildschirmfoto 2020-10-27 um 17.22.48.png

Ich hoffe, dass sich nach der Fertigstellung der ersten Etappe die Leute über die neue Strasse erfreuen werden. (Gesamtprojektleiter Matthias Fluri)

Die Leitung dieses Grossprojekts bringt enorm viel Verantwortung und Koordination mit sich und verlangt starke Nerven ab. Welche Freuden erleben Sie dabei auf der Baustelle?

Selbstverständlich bin ich nur zufrieden, wenn das gesamte Projekt plangemäss läuft. Dies ist bei der exponierten Lage der Freien Strasse nicht selbstverständlich. Durch die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten laufen die Arbeiten aber absolut erfreulich. Es sind auch oft Kleinigkeiten, die Freude bereiten, wie beispielsweise das Teamwork bei der Verschiebung des Dreizackbrunnens, oder wenn die Zusammenarbeit zwischen den Handwerkern der verschiedenen Firmen nahtlos funktioniert. Aber auch wenn wir einem Geschäft bei seiner täglichen Arbeit einen kleinen Dienst erweisen können. Der grosse Vorteil in der Bauwelt ist, dass wir, abgesehen vom teilweise immensen administrativen Aufwand, etwas herstellen, das man am Ende des Tages anschauen und anfassen kann. Und so hoffe ich, dass sich nach der Fertigstellung der ersten Etappe die Leute über die neue Strasse erfreuen werden.

Erneuerung und Gestaltung Freie Strasse und angrenzende Gassen

Aktuelle Informationen zur Umgestaltung findest du jeweils hier!

#843596be.jpg