Ein Ort, der dich in den Arm nimmt und leise wiegt – das ist Baiushki. Der kleine, ruhige Laden an der Feldbergstrasse ist Ausstellungsfläche und Arbeitsort von Lea Good, die hier von der Natur inspirierten, zeitlosen Schmuck schmiedet. Eine zarte Begegnung in wohltuender Balance.

Kennst du die Zeile: «Schlaf mein Kind, ich wieg dich leise, Bajuschki baju …»? Sie stammt aus einem Wiegenlied – einem der schönsten die es gibt. Die melancholische russische Weise war namensgebend für das Schmucklabel von Lea Good. «Baiushki» und Lea empfangen mich an einem gewitterhaften Montagmorgen denn auch ebenso zart und wohlwollend, wie das sanfte Liedchen kleine Kinder in den Schlaf begleitet. «Jetzt ist das ja gerade nicht so ein geschickter Name», meint Lea entschuldigend. Ich hingegen blende den russischen Hintergrund vollkommen aus und geniesse einfach die gute Energie und die wohltuende Balance im Raum.  

 

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Ich war schon als Kind ständig am Basteln und am Chnüüble.

Es ist ruhig, hell und minimalistisch hier. Die goldenen und silbernen Schmuckstücke von Lea liegen auf einem grossen, organisch geformten Tisch, zum Teil auf Steinplatten und im Wandregal neben weiteren wertigen Produkten von befreundeten Kunstschaffenden. Lea schneidet gerade weissen Rittersporn an und drapiert ihn routiniert in einer Vase. Sie ist gelernte Floristin, das sieht man. «Ich wusste immer, dass ich etwas mit den Händen arbeiten will», erzählt mir Lea. «Ich war schon als Kind ständig am Basteln und am Chnüüble.» Ihr Vater sei ein leidenschaftlicher Gärtner und sie quasi im Garten aufgewachsen. «Meine Eltern haben mir alle Wunder der Natur gezeigt», so Lea dankbar. «Bis heute bin ich nirgendwo glücklicher als im Grünen, wenn ich nicht gerade in meinem Atelier am Arbeiten bin.»

 

Ihr Atelier befindet sich im hinteren Teil des Ladens. Dort hämmert sie, schleift, poliert und entwickelt neue Kollektionen. Inspiration dafür holt sie sich aus der Natur. Mal ist es verwittertes Holz, mal sind es von Erosion gezeichnete Steine – Verformungen, Veränderungen und die kontinuierlichen Prozesse der Natur interessieren sie. Dabei arbeitet sie intuitiv und nach Gefühl. «Vieles entsteht durch Zufall», berichtet sie. Alles jedoch analog und in stundenlanger Handarbeit.

Man hat eine Idee, setzt sie um und hat dann etwas Wertvolles, das für immer ist.

Dass es sie nach ihrer Ausbildung zur Floristin bald schon weiterzog, mag ihrer jugendlichen Neugier geschuldet sein. Sie verbrachte ein Jahr in Griechenland, begann dann in Zürich eine Ausbildung zur Modedesignerin und gründete mit einer Freundin ein Modelabel. Wenig später jedoch merkte sie, dass sie ihre Ideen kompromissloser umsetzen will und dass dies in der Modebranche schwierig ist. Was nun? Es war ihr damaliger Freund Arnaud Pernet, der sie motivierte, einen Goldschmiede-Kurs zu besuchen. «Es hat mich sofort gepackt!», schwärmt Lea. «Ich liebte diese Arbeit mit Metall dermassen, dass ich mich jeden Abend hinsetzte und nicht mehr aufhören wollte, Schmuck zu kreieren.» Greifbar sei dieses Schaffen mit Hammer und Amboss, Zange und Säge für sie. «Man hat eine Idee, setzt sie um und hat dann etwas Wertvolles, das für immer ist.»

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Ich möchte den Konsumwahn nicht unterstützen.

‘Für immer’ ist ein hehres Ziel, das Lea in ihrer Arbeit jedoch wichtig ist. Ihre Stücke sind zeitlos und sollen ein Leben lang getragen werden können. Deshalb poliert sie stark getragenen Schmuck auf, vergoldet ihn neu oder repariert ihn, sollte mal etwas kaputt gehen. «Ich möchte den Konsumwahn nicht unterstützen», sagt sie. So nachhaltig wie möglich versucht sie, ihren Schmuck anzufertigen. «Ich verwende 100% recyceltes Silber und achte auf für Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen zertifizierte Lieferanten. Alle Echtgoldstücke werden in der Schweiz aus recyceltem Gold gegossen, das zum Teil aus Elektroschrott gewonnen wird.»

 

Seit ihren Schmuckdesign-Anfängen am Küchentisch in Zürich sind sieben Jahre vergangen. Arnaud Pernet ist heute noch ihr Geschäftspartner, ihr «Heinzelmännchen im Hintergrund», wie sie ihn liebevoll nennt. «Seine mentale und organisatorische Unterstützung ist für Baiushki grundlegend», betont sie. Ohne ihn gäbe es das Label nicht. Er war es schliesslich, der sie schon bald dazu überredete, einen Online-Shop zu gründen. Sie selbst sei da eigentlich noch gar nicht bereit gewesen für die Öffentlichkeit, erzählt sie bescheiden. «Doch dann kamen einfach Bestellungen!». Bis heute scheint Lea über ihren Erfolg erstaunt zu sein.

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Vor drei Jahren zog sie von Zürich nach Basel. Ein eigener Laden war weiterhin nicht geplant. Bis sie von dem freien Geschäft an der Feldbergstrasse erfuhr. Und sich in den schönen Raum verliebte. Mehrere Monate lang dauerte die Verwandlung der Lokalität in Baiushki. Lea ist nicht nur bei ihren Schmuckstücken eine Perfektionistin. Die Wände wurden mit Lehm verputzt, sämtliche Regale, die Tische und die Theke selber gebaut und mit einer steinartigen Oberfläche verspachtelt. Die Natur, Thema ihres künstlerischen Schaffens, ist auch im Laden präsent. Da sind die Jurakalksteine aus einem Steinbruch im Laufental, die sie hin und wieder als Display-Elemente für ihren Schmuck nutzt und die ansonsten als dekorative Elemente am Boden stehen. Oder der skulpturale Eichenholz-Hocker, ein Werk ihres heutigen Freundes. 

 

Dass ich die Freiheit habe, Ideen nach meinen Vorstellungen umzusetzen, ist der beste Lohn den es gibt.

Baiushki ist ein Ort zum Ankommen, einer, der dich in den Arm nimmt. Nicht zuletzt wegen Lea selbst, die ihre Gäste offen, freundlich und ruhig empfängt und sich freut wie ein Kind, wenn Menschen ihren Schmuck mögen. Ihre jahrelange Suche zahlt sich heute aus; Lea kann von ihrer Arbeit leben. «Nicht in Saus und Braus zwar, aber es funktioniert. Dass ich die Freiheit habe, Ideen nach meinen Vorstellungen umzusetzen, ist der beste Lohn den es gibt», betont sie. Ist sie selbst nun also angekommen? Lea zögert kurz. «Ich brauchte lange», gibt sie zu. «Aber ich habe das Gefühl, jetzt ist gut.

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