Das Basler Kindertheater spielt derzeit die Geschichte vom kleinen Muck, der auf der Suche ist nach dem grossen Glück. Zu Besuch in einer mystischen Zauberwelt, in der Kinder auf und hinter der Bühne die Hauptrolle spielen.

Aufgeregtes Gewusel, fröhliche Kinderstimmen, grosse Lollies in kleinen Mündern, Kerzenlicht, Wurzelwerk, Efeuranken, ein Piratenschiff und ein Eichhörnchen auf einem Ast: Wir befinden uns im Basler Kindertheater. In zehn Minuten beginnt die Aufführung «der kleine Muck».

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Während sich im Aufenthaltsraum die Kinder und die Erwachsenen langsam in Richtung Sitzplatz bewegen, stecken rund 25 aufgeregte Kinder hinter der Bühne in den letzten Vorbereitungen. Sie zupfen an ihren Kostümen, kleben sich die Bärte an, binden sich die Turbane um den Kopf, suchen die letzten Requisiten zusammen und sind bei all dem fieberhaften Tun so leise, dass die kleinen und grossen Zuschauerinnen und Zuschauer auf der anderen Seite des roten Vorhangs nichts von alldem mitbekommen.

 

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Es ist wie in einem richtigen, grossen Theater: Die Stimmung. Die Vorfreude. Das Kribbeln. Die spürbare Leidenschaft. Mit dem Unterschied, dass die Schauspielerinnen und Schauspieler hier nicht älter sind als 16 Jahre. Die Jüngsten sind gerade mal vier. Es sind Kinder aus allen sozialen Schichten, die drei Mal pro Woche für Proben oder Aufführungen hierher kommen, die ihre gesamte Freizeit hier verbringen, die im Kindertheater ein zweites Zuhause, eine Familie gefunden haben.

 

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Hier, am Schützengraben, der nun ja nicht die lieblichste Ecke der Stadt ist. Inmitten trister 70er Jahre-Bauten und endloser Verkehrslawinen, direkt gegenüber der Feuerwache, steht das verwunschenes Zauberschloss, das den Besuchenden den Weg weist, vorbei am Fisch, vorbei am Wurzelstilzchen das auch ein Briefkasten ist, zum Eingang der zauberhaften Kindertheater-Welt. Eine Welt, die vor genau 50 Jahren an ebendiesem Ort gegründet wurde – als erstes Kindertheater der Schweiz – und die seit zehn Jahren mit unendlich viel Herzblut und Geduld von Mónica Wohlwend geleitet wird.

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«Dabei stehe ich selber gar nicht gerne auf der Bühne», macht die gebürtige Spanierin sofort klar. Sie habe sogar mit Flamenco-Tanzen aufgehört, weil ihr die Auftritte zuwider waren. Lieber wirkt sie ruhig und besonnen im Hintergrund. Schaut, dass die Rollen optimal besetzt, die Kinder und Mitarbeitenden zufrieden sind. Dass die Finanzierung steht – was gar nicht so einfach ist bei vier Theaterproduktionen pro Jahr, die je um die 100'000 Franken kosten.

Ich möchte nicht, dass die Kinder etwas zahlen müssen. Weil sonst genau diejenigen, die es am meisten brauchen, ausgeschlossen werden.

Das Kindertheater ist auf Spenden angewiesen, denn Mitspiel-Kostenbeiträge will Mónica Wohlwend keine verlangen. «Ich möchte nicht, dass die Kinder etwas zahlen müssen» betont sie, «weil sonst genau diejenigen, die es am meisten brauchen, ausgeschlossen werden. Die Kinder aus sozial schwachen Verhältnissen nämlich». Und schliesslich gehe es im Basler Kindertheater in erster Linie um die Entwicklung und die Entfaltung der Kinder. Um Integration. «Das Theater beeinflusst die Kinder positiv, auch in der Schule», weiss Mónica Wohlwend aus Erfahrung. «Sie lernen hier so viel! Nicht nur Sozialkompetenz, Teamgeist oder Verantwortungsbewusstsein. Auch das selbstbewusst Hinstehen, das laut Sprechen vor Publikum. Einige unserer Kinder verdienen heute mit der Schauspielerei ihren Lebensunterhalt.»

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Mónica Wohlwend und ihre Theater-, Regie- und Technikkinder sind mit Feuereifer bei der Sache. Aber nicht nur sie. Auch die erwachsenen Mitarbeitenden in der Regie und an der Bar und der begnadete Bühnenbildner George Steiner, der aus jeder Produktion eine Augenweide macht; sie alle tragen ihren Teil dazu bei, dass hier professionelle Inszenierungen entstehen. Nur ein wenig «theäterle» will hier keiner. Wer sich dafür entscheidet, im Kindertheater mitzuwirken, tut dies mit allem dafür nötigen Ernst, mit Herz und enormem Engagement.

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Der kleine Muck wirbelt unterdessen in seinen schnellen Pantoffeln auf der Bühne herum. Ein winziger Wachmann mit Turban, Bart und dickem Bauch macht im Hintergrund lustige Faxen. «Ich hab ihm vom Regieraum aus immer wieder zu verstehen gegeben, er solle gerade stehen und ernst gucken!», schmunzelt Mónica Wohlwend nach der Aufführung. Das Publikum hat von all dem nichts mitbekommen. Ist eben wirklich professionell wie bei den Grossen hier, auch wenn sie zum Teil noch sehr, sehr klein sind. 

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Der kleine Muck wird noch bis am 3. Mai gespielt. Danach folgt noch vor der Sommerpause die Geschichte vom Wolf und den sieben Geisslein, die derzeit noch geprobt wird. www.baslerkindertheater.ch