Die Kunsthalle Basel zeigt Sadie Bennings erste institutionelle Einzelausstellung in Europa mit rund 55 neuen Arbeiten.

Erstmals wird eine neue Serie – bestehend aus über 50 Arbeiten – oftmals fälschlicherweise als Gemälde betitelt im Untergeschoss der Kunsthalle am Steinenberg gezeigt. Bennings Werke sollte man vielmehr als Objekte, Reliefs, intermediale Installationen oder gar Segmente eines kinematographischen Multiples bezeichnen. So fungieren die ersten drei Ausstellungsräume denn auch gleichsam als Beginn und Ende der Präsentation, müssen sie doch zweimal – zu Beginn und am Schluss des Rundgangs – durchschritten werden.

Beziehen wir uns erneut auf den Film, so könnten wir diese Räume als Überschneidung eines Prologs und eines Nachworts lesen. Sadie Bennings Bezug zu den filmischen Techniken liegen sicherlich in ihren in den 1990er Jahren entstanden Videoarbeiten, in welchen Aspekte der Erinnerung, der Identität und des Unbehagens, homosexuell im Mittleren Westen der USA aufzuwachsen thematisch wurden.

In den hier präsentierten Arbeiten geht Benning jedoch noch einen Schritt weiter: die aus aufgezogenen, digitalen Schnappschüssen, aufgenommen mit dem Smartphone, bestückt mit Footage-Fotografien unterschiedlichster Herkunft sowie angereichert mit Fragmenten aus bemaltem Kunstharz versehenen Werke bilden ein Cumulus diverser Bedeutungsebenen. Zudem reichen kleine auf den zweidimensionalen Flächen angebrachte Regalböden, worauf Miniaturspielzeuge und billige Sammlerstücke platziert sind, in den Raum hinaus. Schaut man etwas näher hin fällt einem sofort die absichtlich nicht perfekte handliche Fertigkeit auf.

Die Arbeiten, allesamt mit dem Titel «Shared Eye» gekennzeichnet, welcher zugleich den Ausstellungstitel bildet, sind zusätzlich mit Untertiteln Sequence «xy», Panel «xy» versehen. Obschon unser Blick durch die vielfältigen Materialien, Techniken und Medien einer jeden Arbeit Bennings bereits die geladene Bildsprache aufnimmt und hektisch hin und her streift, erschliessen sich die Deutungen und Bedeutungen weder allein in einer Arbeit noch in der Relation verschiedener Werke.

Wie eingangs angedeutet ist diese Ausstellung kinematischer Prägung und als eine Art Film zu verstehen. Deutlich wird einem dies wohl erst, wenn man immer wieder erneut in die Ausstellungsräume hineintaucht, hinaus schreitet und wieder von vorne die Serie betrachtet. Dadurch distanziert sich unser Blick von in jeder Arbeit Bennings liegenden Details hin zu wenigen Einzelheiten und vor allem zur konzeptionellen Präsentation. Die Bedeutung, aber auch die Leseebenen entwickeln sich hierbei durch die bewusst gesetzten Abstände zwischen den Arbeiten sowie die absichtlich leer gelassenen Bereiche der Ausstellung. Ähnlich wie im Medium Film setzt Sadie Benning Techniken ein, die erweitert als Filmschnitt, Ein-Ausblenden, Pausen und Stakkato begriffen werden können.

Die Ausstellung «Shared Eye» besticht nicht nur durch ihre subtilen, pointierten politischen Anekdoten. Nein, vielmehr ist es die Verhandlung des Politischen an sich, was könnte ausserhalb dieses Bereichs liegen, der mehr denn je thematisch werden muss – auch in der Kunst. Und in dieser Ausstellung macht es besonders Spass, sich diesem Bereich feinfühlig, gar poetisch zu widmen, wie in einem Film.

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