Ihre Liebe zum Journalismus entdeckte Lena Oppong beim Radio X – da war sie noch am Gymnasium. Später, bei Telebasel, wurde nicht nur ihre Arbeit, sondern auch ihr Gesicht einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Und was treibt sie eigentlich heute? Die junge Journalistin lebt derzeit in Luzern und arbeitet als Teamleiterin für digitalen Content beim SRF in Zürich. Ein Gespräch über die Angst vor dem Alleinsein, die schönsten Brücken der Welt und übers Abschalten.

«Wir müssen fähig sein, die Dinge so zu erzählen, dass die Leute sie verstehen, sonst machen wir unseren Job nicht richtig. Journalismus darf nicht elitär sein», ist Lena Oppong überzeugt. Sie liebt es, diejenige zu sein, die Informationen bereitstellt, die nachfragt, recherchiert und erzählt. Lena ist Journalistin mit Leib und Seele. Vielleicht deshalb kommt es ihr etwas seltsam vor, über sich selbst zu reden. Auch ihre eigenen Interviews zu schneiden, findet sie bis heute lästig. «Ka die mol uffhöre schwätze?!» denke sie sich dabei immer. 

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Bitte nicht aufhören zu reden, denke ich mir gerade. Lenas markante Stimme, ihre Begeisterung, das Leuchten ihrer Augen tut gut. Elefanten retten wollte sie im Kindergarten, als das Thema Elfenbeinhandel diskutiert wurde. Später dann Traumberuf Tierärztin. Bis sie im Rahmen des Konfirmanden-Unterrichts eine Sendung bei Radio X produzieren durfte. «Ich erinnere mich genau an das Gefühl, als wir bei der ersten Sendung die Regler hochschoben. Ich fand das so toll, dass ich danach umgehend meine Mutter anrief und ihr sagte: Das will ich für immer machen!»

«Unser Zielpublikum guckt kein Fernsehen mehr …»

Nach dem Gymnasium ging sie nach Winterthur, um Journalismus zu studieren. Absolvierte Praktika bei 20 Minuten und SRF, ging auf Reisen, stieg danach bei Telebasel ein. «Eigentlich war mir schon nach dem Praktikum bei 20 Minuten klar, dass mich News-Journalismus fertig macht. Aber ich wollte es dann doch noch einmal wissen. Der Drive dieser Sparte reizt mich sehr – ist aber für mich nicht nachhaltig.» Lena ging zurück zum SRF und ist heute als Teamleiterin für junge Online-Formate verantwortlich. Bis vor kurzem machte sie noch die Redaktion der Sendung «Unzipped», knackige Reportagen zu gesellschaftspolitischen Themen, abrufbar ausschliesslich online. Das SRF geht mit der Zeit. «Meinem Team und mir ist Social Media viel wichtiger als Fernsehen», grinst Lena denn auch. «Unser Zielpublikum guckt kein Fernsehen mehr …».

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Die Kamera und du – was habt ihr für eine Beziehung?

Eine zwiespältige! Bei Telebasel wollte ich anfangs nicht vor die Kamera. Ich hab’s dann aber ausprobiert, weil ich finde, man sollte Chancen nutzen. Aufhören kann man immer, gar nie mit etwas anzufangen ist blöd. Ich bin also ins Moderieren reingerutscht. Was mir dann beim SRF dabei geholfen hat, war das Team. Wir sind alle um die 30, haben eine freundschaftliche Art der Zusammenarbeit. Gefühlt habe ich die Ergebnisse meiner Recherchen einem Kollegen erzählt, der die Kamera draufgehalten hat. So ging’s für mich einfacher. Es ist mir aber nach wie vor unangenehm, mich selbst auf dem Bildschirm zu sehen.

Welche Themen beschäftigen dich besonders?

Ich tauche gerne in Welten ein, die eine komplett andere Haltung als meine eigene verkörpern. Und in Themen, von denen ich selbst keine Ahnung habe. Ich finde es ultraspannend, mit jemandem zusammenzusitzen, der sich auskennt und der mir komplexe Dinge so erklärt, dass ich sie vereinfacht dem Publikum weitergeben kann. Ich bin dann das ‘Scharnierli’. Ich glaube, ich bin noch gerne das Scharnierli ...

Was tust du, wenn dir die Welt zuviel wird?

Ich stelle die Push-Nachrichten ab, versuche ganz bewusst, mich zu distanzieren und nicht einfach alles reinzulassen – denn natürlich habe ich beruflich bedingt das Gefühl, ich müsse mich ständig und überall informieren. Nun sage ich mir hin und wieder: Ich muss nicht alles konsumieren, kann die Geräte auch mal weglegen.

Und – funktioniert's?

Ganz klar; nein! Aktuell versuche ich, eine Stunde vor dem Schlafen nicht mehr ans Handy zu gehen. Es klappt nicht. Meistens schaue ich im Bett noch kurz in meinen Kalender und dann macht es Schwupps und ich gucke mir irgendwelche Storys von irgendwelchen Menschen in Australien an und denke mir: Lena, was machst du da?

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Liegt denn auch noch ein Buch neben deinem Bett?

Ja, aktuell Ronja von Rönnes «Ende in Sicht». Ich komme aber ehrlich gesagt nicht vorwärts, denn ich bin eine Ferien-Leserin. Im Alltag schlafe ich meistens ein, wenn ich ein Buch in die Hand nehme.

Was hast du für ein Verhältnis zu deinem Kleiderschrank?

Uuuu, ein schwieriges! Ich hätte gerne einen nachhaltigeren Schrank und mein Ziel ist es, 70 Prozent Secondhand in meinen Schrank zu bekommen. Und ich glaube, ich hatte das Ziel sogar erreicht, aber dann kam die Pandemie und ich hab einfach wieder begonnen, Dinge zu bestellen ... Natürlich schaue ich heute sehr viel mehr drauf, dass meine Sachen von fairen Labels stammen. Aber logischerweise; ich habe auch richtig schlimme Sachen bei mir im Schrank. Und ich schäme mich dafür. Aber ich zieh sie trotzdem an.

Aktuell wohnst du in Luzern, davor warst du in Zürich, aufgewachsen bist du ihn Basel …

Ja, und bis heute habe ich nirgendwo so ein krasses Daheim-Gefühl wie hier. Ich fand Zürich megaschön, auch die Limmat – wobei ich glaube, die war für mich immer nur Rhein-Ersatz. Zudem war es schön, so nah bei der Arbeit zu sein. Das merke ich jetzt, wo ich in Luzern wohne und mir das viele Pendeln Energie raubt. Aber auch Luzern liebe ich, vor allem den See. Und was ich gerade auch sehr schätzen lerne, sind die Berge. Es ist schon cool, wenn du nach 20 Minuten Busfahrt auf einer Langlaufloipe stehst!

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Was vermisst du an Basel?

Die Brücken! Ich finde ja, die Schönheit von Basel zeigt sich an den Brücken. Mit dem Velo über die Brücken zu fahren ist doch wahnsinnig toll. Dieser Blick über die Stadt und den Rhein – wow! Und natürlich vermisse ich das Zuhause-Gefühl. Die Laugengipfeli aus der Kult. Im Sommer das Bierchen am Rhein und dass man jederzeit jemanden kennt, zu dem man sich setzen kann.

Welches ist dein Place to be für den Ausgang?

Ich bin tatsächlich schon lange keine Club-Gängerin mehr, kann mich aber gut von Bar zu Bar schleppen. Vom Grenzwert zur KaBar und irgendwann lande ich dann meistens im Sääli.

Hast du eigentlich mit Vorurteilen zu kämpfen?

Als schwarze junge Frau im Journalismus muss man sich schon etwas behaupten und ja, wer so aussieht wie ich, wird immer mal wieder mit Rassismus konfrontiert.

Dein Papa kommt aus Ghana – kennst du das Land?

Ja, ich war 2018 einmal mit zwei Freundinnen da. So spät, weil mein Vater lange Zeit selbst nicht zurückgegangen ist. Ghana ist wahnsinnig schön. Zudem habe ich dort viele Tanten, mein Grossmami und etliche Cousins und Cousinen.

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Gibt es etwas, wovor du Angst hast?

Tatsächlich hat mich die Pandemie die Angst vor dem Alleinsein gelehrt. Früher liebte ich es, allein zu reisen. Weil wir aber in der Pandemie dermassen in dieses Alleinsein hineingeschossen wurden, ist mir die Freude darüber irgendwie abhandengekommen. Darum habe ich mir vorgenommen, meine nächsten Ferien solo zu verbringen. Ich könnte zum Beispiel mit dem Zug nach Mailand fahren; das wäre doch schön! Ich sehe mich schon mit einem Käffeli auf irgendeiner Piazza sitzen, und einfach etwas umherblicken. Bis dann irgendwann der Moment kommt, an dem ich das Gefühl habe, busy tun zu müssen…

Was tust du denn gerne, wenn du busy sein willst?

Stricken! Meine Grossmutter, die letztes Jahr verstorben ist, hat mir sehr viel Restwolle vermacht. Daraus häkle ich gerade eine Decke und nebenher stricke ich noch einen Schal.

Und dazu guckst du eine Serie?

Ja, Grace Anatomy! Wir sind unterdessen ungefähr bei Staffel 18 und ich habe jede einzelne Folge gesehen und kann jetzt ganz unmöglich damit aufhören. Ich werde damit also erst fertig sein, wenn die Serie eingestellt wird, was in nächster Zeit wohl kaum passieren wird. Es ist beschissen; die Serie ist echt schon lange nicht mehr gut und trotzdem nervt es mich, wenn ich etwas verpasse.

Hast du uns zum Schluss noch einen Musiktipp – was hast du in den letzten Monaten oft gehört?

Unbedingt: Hiatus Kaiyote, eine australische Band, deren Musik man wohl nicht von Anfang an fassen kann, aber ich finde sie so, so toll! Zudem ist die Frontsängerin eine sehr coole Socke.

Liebe Lena, vielen herzlichen Dank für das unterhaltsame Gespräch!