Du glaubst, Eddie Hara nicht zu kennen? Wir behaupten jetzt einfach mal: falsch. Denn bestimmt ist dir die bunte Fassade vom Terror Samba, extrem vermisster In-Schuppen an der Feldbergstrasse, schon mal aufgefallen. Genau: Eddie’s Werk. Wir haben den 61-Jährigen in seinem Atelier besucht.

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Früher liess sich Eddie Hara von Robotern inspirieren. Heute sind es eher Menschen, die den Basler Künstler mit indonesischen Wurzeln zu neuen Werken animieren.

«Als meine Frau anfangs meine Kunst betrachtete, fragte sie mich immer wieder, ob ich frustriert sei», lacht der 61-Jährige. Der Umzug aus Indonesien in die Schweiz im Jahr 1997 fiel Eddie tatsächlich nicht leicht: «Es hat sieben Jahre gedauert, bis ich mich in Basel zuhause fühlte.»

Im Verlauf der Jahre wurde Eddie’s Kunst dann deutlich softer. «Klar, bin ich auch heute teilweise noch frustriert … Sexismus, Krieg, Religion, Politik, Naturkatastrophen: Es gibt genügend Gründe, an dieser Welt zu zweifeln. Mit meiner Kunst verarbeite ich genau diese gesellschaftskritischen Themen. Übrigens geht es in meinen Werken oftmals auch um Liebe und Ironie», macht er deutlich.

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«Ich wünsche mir mehr Gemeinschaft»

Ob frustrierend oder aneckend, witzig oder makaber, it’s up to you. Fakt ist: Eddie’s Kunst liegt derzeit voll im Trend. «Vor allem die jüngere Generation reisst sich plötzlich um meine Werke», bestätigt er.

Entsprechend gibt der Künstler Gas. Schon früh hat er nämlich gelernt, dass man bei Stillstand schnell in Vergessenheit gerät. Oder wie Uncle Edd – wie ihn vor allem seine jüngeren Fans gerne nennen – es in charmantem Englisch mit hörbar schweizerischem Einfluss ausdrückt: «If you’re a sleeping tablet for a year, you’ll be left behind!»

Im Gespräch mit dem warmherzigen Rockstar haben wir unter anderem auf die vergangene Art zurückgeschaut.

Eddie, welches war dein diesjähriges Art Basel-Highlight?

Die «Art Unlimited» empfinde ich immer als ungemein inspirierend – sie verleiht der Art Basel in meinen Augen den gewissen Kick. Dieses Jahr war sie leider nicht so aufregend wie im 2018. Aber aus irgendeinem Grund habe ich mich in Ugo Rondione’s the sun at 7am verliebt: ein gigantischer Ring, der aussieht, als wurde er aus goldenen Ästen gebogen. Ein wunderbarer Willkommensgruss, den die Besucher bei Betreten der Halle da erwartet hat! 

Gibt es etwas, das du dieses Jahr vermisst hast?

Was mir an der Art Unlimited gefehlt hat, sind die gigantischen Kunstwerke, wie beispielsweise Tiger, Tiger, Tiger von Ai Weiwei, oder Chiharu Shiota’s Installation, die aussah wie ein riesiges Spinnennetz. Sehr dramatisch und gruselig!

Gerne hätte ich dieses Jahr mehr Werke gesehen, die die Handwerkskunst zeigen.

Hingegen sehr gefallen hat mir Franz West’s Test – die bunte Sofalandschaft lud nicht nur zum Relaxen, sondern gar zum Schlafen ein.

Ende März bist du aus Hongkong zurückgekommen. Wie war es für dich dieses Jahr, als Künstler an der dortigen Art auszustellen?

Wir waren sehr erfolgreich. Meine Galerie, «Nadi Jakarta», konnte einige Arbeiten verkaufen, sowohl an neue, als auch langjährige Kunden aus Jakarta, Malaysia, Hongkong und London. Unter anderem ist es mir zudem gelungen, 3 kleinere Serien – von insgesamt 15 – an einen neu gewonnenen indonesischen Sammler zu verkaufen. Kurz gesagt: Die diesjährige Art Basel Hong Kong verlief deutlich besser als letztes Jahr – und ich freue mich schon darauf, im 2020 wieder auszustellen!

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Was dürfte Basel von Hongkong lernen, und umgekehrt?

Es wäre schön, wenn künftig auch in Basel mehrere Institutionen in die Art involviert würden.

In Hongkong hat jeder das Gefühl, auf der Messe willkommen zu sein, ob einheimisch oder Tourist aus dem Ausland. Selbst Schüler und Studentinnen können sich den Eintritt leisten!

In Basel trifft man hauptsächlich auf die Upper Class oder Kunststudierende – das ist schade.

Was die Hongkonger lernen könnten? Dass Kunst hauptsächlich dazu da ist, genossen und betrachtet zu werden. Und nicht, um sie zu betatschen. Ganz schlimm sind die etlichen Selfies, die vor Kunstwerken geschossen werden – bitte, das muss dringend aufhören! (lacht) Es gibt gewisse Regeln, die es einfach zu beachten gilt. Schliesslich geht es auch um Respekt gegenüber den Künstlern und den Galerien.

Wie empfindest du die Kunstszene in Basel?

Die Kunstszene in Basel ist grundsätzlich gut. Was ich aber vermisse, ist die Kollektivität. Ich würde mir wünschen, dass die Künstler transparenter arbeiten und ihr Wissen und Können entsprechend vermehrt mit dem Umfeld teilen würden.

Bei uns arbeitet jeder für sich – vor allem meine Generation (60 und älter).

In Asien sind wir es gewohnt, zu teilen. Wir sind offen für neue Ideen und Newcomers. Die Gemeinschaft ist dort deutlicher spürbar.

Du arbeitest bestimmt grad an einem verrückten Projekt, stimmt’s? Verrätst du uns, worauf wir uns freuen dürfen?

Verrückt? Nein. Aber gute Projekte stehen an. Nächsten Januar werde ich eine Einzelausstellung in einer neuen Genfer Galerie durchführen. Zudem bin ich auch dabei, neue Werke für die Art Jakarta zu kreieren, die diesen August stattfindet. So just wait and see!

Wenn du unsere Stadt zeichnen würdest, wie sähe sie aus?

Meines Erachtens gleicht Basel einer reifen Frau, die absolut ausflippt, wenn sie Heavy Metal hört, gleichzeitig aber auch superelegant sein kann, wenn sie ihren Partner zum Candle Light Dinner trifft.

Und wenn du dich selbst zeichnen würdest?

Ich bin wie ein alter Popeye; der Seemann, der eines Tages in den Armen der Frau Basel gestrandet ist. Happy, sicher, und voller Inspiration! Gleichzeitig weiss er aber, dass er jederzeit wieder ans andere Ende der Welt segeln könnte.

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Eddie Hara

Herzlicher Softie trifft auf rebellischen Rockstar: Der erfolgreiche Künstler Eddie Hara (61) wusste schon immer, was er will; zeichnet lieber mit Pink als Braun und zählt mehr Rock-Musiker, Designer, Fotografen und Architekten zu seinem Freundeskreis als bildende Künstler.

Vor gut 20 Jahren wurde Street Art in unseren Kunstkreisen noch nicht wirklich ernst genommen. Entsprechend schwer fiel Eddie, der ursprünglich aus Indonesien stammt und eine Zeit lang in den USA gelebt hat, die Ankunft und das Einleben in Basel (1996 wurde er von CMS für ein halbes Jahr in ein Austausch-Atelier eingeladen). Anschluss fand er vor allem in der barrierefreien Punk-Szene rund ums Hirschi. Ein paar Monate später verliebte er sich in seine heutige Frau Catherine, die ihn auch zum definitiven Umzug motivierte. Gemeinsam mit ihren zwei Kindern Mimmo (20) und Nestor (15) leben sie im Kleinbasel. Nach 22 Jahren in Basel bezeichnet sich Eddie selbst als «sehr glücklich – nicht nur mit meiner künstlerischen Karriere, sondern auch mit meiner Familie und meinen lokalen Freunden. Und ich meine die richtigen Freunde!»

eddiehara.com

Kunst: Eddie Hara