Birsmattehof: Hannah Kummerfeld, Mitarbeiterin Birsmattehof, verkauft im Sommer Bio-Gemüse auf den Wochenmärkten.
In den letzten Jahren sind Quartiermärkte entstanden, die kulinarische Erinnerungen aus dem Nahbereich wiederbeleben und Kreatives gleichermassen pflegen wollen. Augenschein am Wettsteinplatz und in der Breite.

Märkte sind Orte, wo Produzenten verkaufen, was gebraucht wird. Das klingt nun doch sehr lapidar, schliesslich gibt es solche Schnittpunkte von Nachfrage und Angebot seit Jahrhunderten. Marktplätze sind ein wesentlicher Grund, warum sich Städte überhaupt gebildet haben. «Gegen Ende der Latènezeit, im 2. Jh. v. Chr., etablierten sich als Folge […] insbesondere der Entwicklung des Tauschhandels mit den Mittelmeerländern die ersten städtischen Strukturen», steht im Historischen Lexikon der Schweiz.

Der Tauschhandel ist geblieben, Formen und Wege haben sich stets etwas verändert. So klingt der folgende Satz durchaus vertraut, wenn auch etwas überraschend in Zeiten, in denen immer mehr Waren über digitale Routen gehandelt werden: «Die Idee für den Breitemarkt kam aus dem Bedürfnis heraus, einen Treffpunkt für das Quartier zu schaffen, wo man frische und saisonale Lebensmittel aus der Region einkaufen und sich austauschen kann.» Offenbar war so ein Treffpunkt bislang nicht vorhanden. Der familiäre Markt bei der Tram­haltestelle Waldenburgerstrasse findet seit dem 1. Juni 2019 jeden Samstag von 9 bis 13 Uhr statt.

Märkte sind Orte, wo Produzenten verkaufen, was gebraucht wird.

«Frische, saisonale und regionale Produkte» bietet auch der Markt neben dem Wettsteinplatz an, ebenfalls seit 2019. Der Geist der Veranstalter, wie beim Breitemarkt auch da ein Verein, scheint sich nach Jahrzehnten von Essvergnügungen aus globalen Küchentraditionen wie eine Welle der Rückbesinnung auf heimische Versorgungsquellen zu konzentrieren. «Der Wettsteinmarkt ist ein Markt für Produzentinnen und Produzenten aus der Region. Er bietet ihnen die Möglichkeit, ihre Produkte direkt zu vermarkten.» Jeweils am Mittwoch­nachmittag von 15 bis 19 Uhr als «Feierabendmarkt» – eine ausgezeichnete Idee, so können auch Werktätige einen Frischmarkt besuchen, ohne am Samstag aufs Ausschlafen verzichten zu müssen. 

An diesem letzten Mittwochnachmittag im Juli sitzen wir unter den Linden zwischen der Gartenbestuhlung der Resslirytti und dem Wettsteinpark und lassen uns von einer Beschaulichkeit vereinnahmen, die komplett im Widerspruch zum Verkehr von Auto, Bus und Tram am Wettsteinplatz steht. Routiniert, aber auch entspannt bauen Marktfahrer ihre Stände in einem locker gefassten Kreis auf. Biogemüse aus Muespach im Elsass, Gutes vom Hof aus Laupersdorf im Solothurner Jura, Obst und Gemüse aus Weil am Rhein, Käse aus Le Fuet im Berner Jura, Spezialitäten wie Pasta, Kuchen, Antipasti, Konfitüren, Sauer­teigbrot und Hanf-Dips von Produzenten aus Basel – und das Kaffeemobil Laviña steht am Wettsteinplatz wie auch samstags in der Breite.

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Dort sitzen wir, dem Markt gegenüber, an einem Boulevardtisch der Bäckerei Jetzer und fragen uns, was aus den Gemüsehändlern geworden ist, die mit ihren Wagen und mobilen Ständen aus dem Elsass nach Basel gekommen sind, insbesondere aus Neudorf, wo sich der Boden der Rhein­aue ideal für Gemüseanbau eignet. «Generationen kamen in die Quartiere», erzählt Markus Ritter, ehemaliger Grossratspräsident und Breite-Bewohner. «Ich erinnere mich an Herrn Baumann, der verkaufte an der Schwarzwaldallee zum Beispiel Miesler-Kartoffeln, die im Laden ‹Ratte› heissen. Baumann zog sich mit seinem Wägeli an dieser Aufgabe durchs Leben. Und gleich hier, vis-à-vis an der Schauenburgerstrasse Ecke Zürcherstrasse, kam immer eine ältere Frau. Sie brachte etwa bis 2010 Gemüse, Obst und Blumen, in der Saison auch Spargeln.»

Dieser Lieferdienst, der jahrzehntelang die Quartiere mit Vegetabilien frisch ab Garten versorgte, ist offenbar verschwunden. Die Erinnerung dagegen nicht. Es habe zahlreiche Gespräche gebraucht, um die Idee, die im Sommer 2018 zu keimen begonnen habe, umzusetzen, schreibt Stefanie Kaiser, eine der Initiantinnen, auf der Homepage breitemarkt.ch, um «die Tradition der ehemaligen Elsässer Gemüsefrau mit ihrem wunderbaren Marktstand an der Zürcherstrasse neu zu beleben». 

Ihren Platz hat der Birsmattehof (birsmattehof.ch) übernommen. An seinem Stand bildet sich an diesem Samstagmorgen rasch eine Schlange. Der Betrieb wickelt sein Geschäft routiniert ab, die Erfahrung von 40 Jahren bildet ein solides Fundament. 1980 im Hirscheneck gegründet, konnte die Genossenschaft Agrico ein Jahr später im Birsmattehof in Therwil ein paar Hektaren Land pachten. Ein schöner Anfang für ein Pionierprojekt: Gemüseabonnements für Städter, die Bioprodukte schätzen und auch selber anpacken wollen. Die Idee zündete rasch und ist heute bestens eingraviert im Versorgungskataster der Agglomeration. Bei rund 90 Depots in Basel und Umgebung können die AbonnentInnen ihre saisonalen Gemüselieferungen abholen. 

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Genusswoche Event-Tipp

Einführung in die Welt des Käsens plus Raclette

Woher kommt dein Käse? Erlebe eine Einführung in die Welt des Käsens von A bis Z in der Region. Dies ist eine gemeinsam organisierte Tour vom Breitemarkt Basel (dein Wochenmarkt im Breite-Quartier, jeden Samstag von 9–13 h), dem Paradieshof Allschwil und der Dorfkäsi Allschwil (KÄZ by Regiobale).

Anmeldung erforderlich

CHF 50.–

20.09.20 > 15–19 h 

DORFKÄSI ALLSCHWIL

BASLERSTRASSE 12, 4123 ALLSCHWIL

[email protected]

Quartiermärkte wie der Breitemarkt mögen klein sein und im Schatten der hektischen Kaufräusche wie etwa in Weil, wo das Achtertram schwer beladen mit Mensch und Ware die Rückfahrt in die Stadt antritt, wie anachronistische Wohlfühloasen wirken. Doch manchmal bieten sie Überraschendes, etwa Starthilfe für Experimente. So steht neben dem Kaffeemobil Laviña als «Tagesgast» Martin Beeler, VAPKO-zertifizierter Pilzkontrolleur und -sammler. In der Aktienmühle an der Gärtnerstrasse trocknet er Speisepilze und tüftelt an neuen Pilzprodukten (mycohelvetica.ch). Am Stand zeigt er uns eine Tüte mit Roggengetreide, das er mycelisiert hat, also nicht mit den Fruchtkörpern von Pilzen vermischt, sondern mit dem Pilz selber, den Mycelfäden. 

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Diese Fäden wachsen in der Erde, durchdringen alles Mögliche bis zu Totholz, sind nicht einfach aus dem Boden zu ziehen und aufzurollen. Sie lassen sich aber züchten. Dahinter steckt eine ganze Wissenschaft, mit der sich Beeler befasst. Als Pilzkontrolleur von Allschwil sortiert er die feinen von den ungeniessbaren Pilzen, als Forscher produziert er «für den medizinischen Gebrauch» Tinkturen und mycelisiertes Getreide. Gesund soll es also sein. Was kann man damit machen? Brot backen? Wir probieren das mycelisierte Roggenmehl, gemahlen mit Bramata-Mais, in einer Braten­sauce aus. Geben ein paar Teelöffel in den hausgemachten Jus hinein, rühren, schauen zu, wie die Sauce dicker wird, verdünnen sie mit etwas Weisswein und geniessen sie mit einem Hohrückensteak.

Der Breitemarkt findet jeden Samstag von 9 bis 13 Uhr statt. Der Wettsteinmarkt findet jeden Mittwoch von 15 bis 19 Uhr statt.

Genusswoche Basel 2020

Unter dem Motto «Gemeinsam für das Lokale!» startet am 17. September die zweite Genusswoche Basel.

Das gesamte Programm gibts unter: genusswochebasel.ch

Dieser Partner-Content ist in Kooperation mit unserem Partner «Genusswoche Basel» entstanden.
Genusswoche Basel
Die Genusswoche Basel findet im Rahmen der Schweizer Genusswoche statt. Sie fördert den Genuss und die Freude am guten Essen und lädt dazu ein, die Genussvielfalt Basels mit einem Fokus auf Regionalität, Saisonalität und Handwerk zu entdecken.