Der waghalsigste Schritt des zweifachen Parkour-Weltmeisters Chris Harmat war der zur Profikarriere. Bei kühnen Saltos verlässt er sich lieber auf kühles Kalkül.

Ein Lichterschweif wirbelt über das Käppelijoch, als würde ein Lausbub in dieser bitter kalten Januarnacht mit einer der Adventsbeleuchtungen Fahnen schwingen. Als die Lichterpunkte Luft holen und der Kondensnebel den Blick freigibt, erkennt man: Hier wirbelt Chris Harmat in einem mit LED-Lichtern besetzten Outfit. «Der Overall beengt mich», mault er Richtung Fotograf. Doch den Parkour-Profi stoppen weder Kälte noch Anzüge – und schon gar keine gemauerten Hindernisse der Basler Altstadt. Ja, mit jedem Flip, jedem Spin von diesen Startrampen bessert sich Harmats Laune.

«Solche Sprünge auf Beton sind erst seit Kurzem wieder möglich», erklärt er beim Interview in der Wärme, «2017 musste ich wieder fast bei null beginnen.» Zehn Jahre Parkour-Sport forderten ihren Tribut. Knöchel und Bänder seiner Fussgelenke mussten arthroskopisch rekonstruiert werden. Harmat kommentiert selbstkritisch: «Früher habe ich nicht

immer genug aufgepasst und unnötig die Gelenke strapaziert.» Dann streift er die Socken runter auf die Sneakers, streichelt sanft über die Narben und diagnostiziert ganz zufrieden: «Das Gewebe braucht noch etwas, aber die Gelenke fühlen sich wie neu an!»

Mut baue ich über Geduld auf – mit Training, Erfahrung und dem richtigen mentalen Setting.

Der Neustart hat Harmat im Vergleich zu früheren Treffen spürbar reifen lassen. Er hat eine Ausbildung zum Fitness- und Bewegungstrainer gemacht, trainiert gezielter, auch mental, lebt gesünder und spricht viel von nachhaltigem Umgang mit dem Körper. Mit 27 Jahren gehört er in der Szene zu den älteren Athleten, ist aber noch lange kein Alteisen. Zehn Jahre nach seinem ersten Titel wurde er 2019 in Hiroshima erneut Parkour-Weltmeister in der Kategorie Speed – und am Saisonende sogar Gesamtweltcupsieger. «Meine Routine hat sicher geholfen», begründet Harmat sein konstant hohes Niveau bei Wettkämpfen. «Ich gehe die Runs heute ruhig an und versuche das Risiko möglichst klein zu halten.»

Bei jungen Athleten beobachtet er jedoch eine zunehmende Risikobereitschaft, wenn die besten Tricks gewertet werden: «Ich glaube nicht, dass sie immer die volle Kontrolle behalten. Nur um zu gewinnen, riskieren sie bei ihren Runs Verletzungen.» Harmat hat schon üble Unfälle mitbekommen, darunter einen Genickbruch. Der Athlet habe sich glücklicherweise bestens erholt und sogar den Sprung zurück an die Spitze geschafft. «Sein Comeback hat mir bei der eigenen Regeneration Mut gemacht», so Harmat, «trotzdem hoffe ich nicht, dass unsere Sportart endet wie das Kunstturnen, wo der statistische Peak der Athleten bei 22 Jahren liegt.»

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Der Traum wird wahr. Wir bauen ein professionelles Trainingscenter für Parkour- und Ninja-Sport.

Wie schwer die Jungen zu mässigen sind, erlebt er als Trainer einer 12-Jährigen: «Sie springt sichere Flips vom Bett und drängelt, endlich auf Beton zu springen. Geduld? Das Wort kennt sie nicht!» Frauen sind im Parkour noch immer eine Minderheit. Umso mehr freut sich Harmat über dieses Talent und erkennt sich in diesem sturen, ehrgeizigen Kopf manchmal selbst wieder. Auch, weil sie nicht viel von der Schule hält. Wobei Harmat hier korrigiert: «Diese Lebenslektion habe ich begriffen: Egal, ob man Gehirn oder Körper trainiert, man spürt gegenseitig positive Auswirkungen.» Solche Grundsätze will er als Trainer vermitteln. Genauso, dass hinter Mut oft Kontrolle steckt, die man durch Geduld und viel Erfahrung aufbaut.

Sein Erfolgsrezept scheint nicht nur im Sport aufzugehen. Läuft alles wie geplant, kann der Parkour-Athlet bald in einer Halle trainieren. «Der Traum wird doch noch wahr», freut sich Harmat, «wir bauen ein professionelles Trainingscenter für Parkour- und Ninja-Sport.» Die Halle soll in den nächsten 1–2 Jahren entstehen.

schwarz.wyss Magazin

Diese Geschichte ist im «schwarz.wyss» Magazin der Basler Kantonalbank erschienen. Viele weitere spannende Stories aus dem «schwarz.wyss» entdeckst du auf der Website oder im Magazin.

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