Als Bassist rockt er mit Anna Rossinelli legendäre Bühnen und für Sam Himself ist er ein Sexsymbol: In unserem Interview spricht Georg Dillier unter anderem über seine Ordnungssucht, sein abgefahrenstes Erlebnis und darüber, was ihn glücklich macht.

Laut Sam Himself ist er ein stadtbekanntes Sexsymbol. Georg Dillier hat auf jeden Fall Einiges auf dem Kasten. Als Bassist jettet er seit Jahren unter anderem mit Anna Rossinelli um die Welt. Georg schreibt aber auch eigene Songtexte. Singen hört man ihn jedoch höchstens unter der Dusche.

Seine grösste Inspiration? Sehnsucht, unerwiderte Liebe, Verlust. Wer diese Punkte so klar benennen kann, ist nicht nur ehrlich, sondern auch bodenständig. Ganz Georg Dillier halt.

In unserer «Tat oder Wahrheit»-Serie stellte er sich neben unseren Fragen auch einer ganz persönlichen von Sam.

Welchen Song assoziierst du mit deiner Kindheit?

In meiner Kindheit legten meine Eltern immer mal wieder Ernst Buschs «Der Heimliche Aufmarsch» auf. Für mich hat das Lied irgendwie was nostalgisch Romantisches. Ich möchte aber nicht etwa die sozialistischen Regime von damals verherrlichen. Deshalb als Gegensatz: Ein paar Jahre später war dann David Hasselhoffs «Looking for Freedom» mein Lieblingssong.

Welche 3 Worte umschreiben deine Musik?

Pragmatisch, kompromissbereit, zugänglich.

Deine zuletzt vergossenen Tränen?

Das war wohl kürzlich mal beim Netflixen. Was ich geschaut habe, behalte ich aber für mich …

Wieso bist du Musiker geworden?

Weil es bei den Mädchen gut ankommt, habe ich als Teenager oft behauptet. Die Wahrheit ist aber noch simpler: Ein Klassenfreund von mir hatte eine Band und deren Bassistin ist abgesprungen. Da habe ich die Gelegenheit beim Schopf gepackt und mit dem uralten Bass des Schlagzeugers mein Glück versucht. 

Deine grösste Inspiration?

Sehnsucht, unerwiderte Liebe, Verlust. Die klassischen Dinge eben.

Mit wem würdest du gerne mal zusammenarbeiten?

Der kreative Prozess ist für mich sehr intim, weshalb ich dafür wirklich am liebsten alleine bin, oder zur Not mit sehr vertrauten Personen. Wenn es aber darum geht, auf der Bühne zu performen, dann wäre Prince meine Wahl. Der ist jetzt aber leider tot.

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Was wolltest du deinen Fans schon immer mal sagen?

Ich bin ja in erster Linie Sideman und glaube nicht, dass ich im engeren Sinne Fans hab. Ich würde aber als Erstes meine Dankbarkeit fürs Zuhören, Wertschätzen und Unterstützen zum Ausdruck bringen.

Dein verrücktestes Groupie-Erlebnis?

Ich hatte in diesem Zusammenhang leider noch nie ein besonders verrücktes Erlebnis.

Was singst du unter der Dusche?

Da mich unter der Dusche niemand hört (hoffe ich), habe ich mich auch schon an Whitney Houston oder Aretha Franklin gewagt. Leider ist die Dusche auch der einzige Ort, wo das in meinem Fall angebracht ist. Wirklich. Manchmal arbeite ich unter der Dusche oder in der Badewanne auch an eigenen Songs.

Welche deiner Charaktereigenschaften würdest du gerne spülen?

Ich leide an an krankhafter Ordnungssucht. Aber will ich die wirklich spülen? Da bin ich mir nicht sicher, ich liebe Ordnung halt einfach.

Dein bisher geilstes Konzert?

In aller Bescheidenheit: Ich hatte schon so viele geile Konzerte, klein und gross. Da kann ich mich jetzt wirklich nicht festlegen.

Wie wird dein nächstes Konzert?

Eines meiner nächsten Konzerte ist die Plattentaufe mit Sam Himself im Parterre Basel. Konzerte zuhause sind immer was ganz Besonderes. Und ausserdem werden wir auch viele neue Songs präsentieren.

Dein Rezept für den Umgang mit der Covid-Krise?

Ich habe keins. Teilweise konnte ich den geringeren Druck durchaus geniessen, teilweise war mir auch todlangweilig. Und natürlich habe ich mir auch immer wieder mal Sorgen gemacht.

Worauf freust du dich «nach Covid» am meisten?

Natürlich freue ich mich darauf, wenn im Live-Bereich wieder alles «normal» ist. Ich glaube aber auch, dass die Zukunft noch grosse Herausforderungen für uns bereithält und wir immer wieder mit, vielleicht sogar drastischeren, Einschränkungen rechnen müssen. Deshalb hält sich die Freude in Grenzen.

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Vorteile vom Internet in der Musikindustrie?

Am Anfang der Streaming-Zeit war ich eigentlich sehr optimistisch. Ich dachte mir, dass durch das Streamen Qualität belohnt wird. Schliesslich wird ja nicht einfach ein Album einmal gekauft, und dann vielleicht kaum gehört, sondern eben Alben oder Songs, die gefallen und darum vielleicht hundertfach gestreamt werden.

Nachteile?

Irgendwie hat sich dann herausgestellt, dass doch eher Quantität belohnt wird. Scheinbar hat das was mit irgendwelchen Algorithmen zu tun. Ich glaube, der gefühlte Wert von Musik ist durch die ständige Verfügbarkeit und die unglaubliche Menge an Veröffentlichungen deutlich gesunken. Ich möchte auf keinen Fall als Zukunftspessimist oder als «früher war alles besser»-Typ dastehen, aber ich bin überzeugt davon, dass die Welt unter dem Strich durch das Internet schlechter geworden ist.

Dein eigener Lieblingssong?

Meistens ist das der Neuste. In dem Fall also «Somebody Like You», der am 22. Oktober erschienen ist.

Dein abgefahrenstes Erlebnis als Musiker?

Die drei Monate, die wir in den USA unterwegs waren, um ein Album und einen Film zu produzieren, gaben in dieser Hinsicht besonders viel her. Davon werde ich wohl noch meinen Kindeskindern erzählen …

Der beste Ratschlag, den du bisher gekriegt hast?

Wenn ich mich bei etwas nicht wohl fühle, soll ich es nicht spielen. Also nicht einfach üben, bis es dann irgendwann geht, sondern einen anderen Weg finden, der sich für mich persönlich natürlich anfühlt.

Und dann natürlich den ältesten Ratschlag, den es gibt: Es zählt nicht die Einzelleistung, sondern nur der Song. Wer sich profilieren will, schadet dem Song meistens. Oft ist der einfachere Weg der bessere.

Die Basler Musiklandschaft kurz beschrieben?

Vielfältig, aufregend und vielleicht noch nicht selbstbewusst genug.

Was würdest du gerne ändern in der Musikindustrie?

Auch wenn das in letzter Zeit schon sehr oft gesagt wurde: Wir müssen unbedingt dafür sorgen, dass es mehr weibliche Vorbilder in der Musik gibt. Nur so lässt sich das frappante Ungleichgewicht ändern, das auf den grossen Bühnen der Schweiz (und auch an anderen Orten) besteht.

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Und was wünschst du dir von der Musikszene in Basel?

Mehr gegenseitige Anerkennung, mehr Selbstbewusstsein.

In welchem Moment bitte lieber keine Musik?

Nach einem Konzert.

Worauf bist du besonders stolz?

Auf fast jeden Song, den ich geschrieben habe.

Was macht dich glücklich?

Manchmal kann ich klar vor mir sehen, was mir alles gegeben wurde, wie viel Glück ich im Leben hatte. Dann überkommt mich die Dankbarkeit. Und die macht ja bekanntlich glücklich.

Welche Frage fehlt hier?

Keine.

Wen Georg nominiert, hier mitzuspielen? Eine Frau natürlich. Und zwar Andrea Thoma. Wir freuen uns!

annarossinellimusic.com

 

TAT ODER WAHRHEIT?

In Basel wimmelt es von (versteckten) Musiktalenten. Die Serie «Play With Me» lässt dich die unterschiedlichsten Kunstschaffenden unserer Stadt kennenlernen – Hörproben inklusive – und stellt sie jeweils vor eine grosse Frage: Tat oder Wahrheit? Der oder die Porträtierte entscheidet, wer als nächstes mit welcher Challenge an der Reihe ist.