Spazierst du durch die neue Ausstellung des Cartoonmuseum Basel, wird dir einmal mehr bewusst, wie aufregend unsere Lage im Dreiländereck doch ist. Blutch, der grosse französischer Zeichner, der mit bürgerlichem Name Christian Hincker heisst, ist nämlich in Strassburg zur Welt gekommen – die Ursprünge seines späteren Wirkens auf die internationale Comic-Szene liegen also in unserer Region. Diese Tatsache macht das Entdecken der ersten Retrospektive im deutschsprachigen Raum zu Blutchs vielfältigem Können noch aufregender!
© Cartoonmuseum Basel, «Blutch. Demain!», Kuratorin Anette Gehrig mit Künstler Blutch, 2023 | Foto: Derek Li Wan Po
Jeder Ausstellungsraum eine eigene kleine Welt
Das Cartoonmuseum Basel als DAS Zentrum für narrative Kunst nimmt jeweils einen enormen Aufwand auf sich, die Museumsräumlichkeiten für jede Ausstellung dermassen neu zu gestalten, bemalen und tapezieren, dass du das Haus jedes Mal wieder neu und anders erlebst. Begibst du dich nun im Rahmen der neuen Ausstellung «Blutch – Demain!» auf Entdeckungstour durch die verwinkelten Räumlichkeiten und wanderst von Stockwerk zu Stockwerk, ergibt sich dir ein immer spannenderes, detaillierteres und vor allem vielfältigeres Bild von diesem französischen Künstler Blutch, den du bis anhin vielleicht gar nicht kanntest.
«Ich suche das nie Gesehene, das nie Gesagte, das nicht Beschreibbare, das nicht Journalistische.» (Blutch)
Jedes Stockwerk, jeder Raum, jedes der ausgestellten Werke zeigt dir die Bandbreite von Blutchs Können auf. Mit seinem experimentellen Zeichnungsstil überschreitet er immer wieder die Grenze zur Abstraktion, verbindet expressive Zeichnungstechniken mit subtiler Malerei und entführt die Lesenden seiner Comics in stets neue Genres – von Science-Fiction und Mystery über Western und Drama bis hin zur Komödie ist alles drunter. Nicht selten war er dabei seiner Zeit voraus. Seine 1988 erschienenen, ersten Kurzgeschichten befremdeten und spalteten das Publikum. Durch seine Darstellungen einer starken, eigenwilligen Frauenfigur im Zentrum seines Werks «Mademoiselle Sunnymoon» fühlten sich viele – vermutlich männliche – Leser gar überfordert.
© Blutch, «John Wayne après Giraud», 2021; Courtesy of Galerie Vallois
© Blutch, Zeichnung für das Poster des Jazz-Festivals «Banlieues Bleues» (Seine-Saint-Denis), 2018
Mit Jazz auf den Ohren auf den Spuren eines beeindruckenden Gesamtwerks
Es lohnt sich jeweils, die kurzen Ausstellungstexte zu lesen, um diesem nicht ganz fassbaren und so verblüffenden Künstler folgen zu können. Um beispielsweise auch zu verstehen, weshalb da eigentlich von irgendwo her beswingte Jazz-Musik im Museum zu hören ist? Die Beantwortung dieser Frage führt uns ins Jahr 2004, in welchem Blutch in Bücher wie «Total Jazz» seine Leidenschaft für den Jazz auslebte. In dieser Schaffensphase hat er auch zahlreiche Plakate für Jazzfestivals gestaltet, Bücher illustriert, Filmplakate kreiert oder Porträts berühmter Jazzmusiker gemalt.
Keine Frage, Blutch gehört zu den gefragtesten Künstlern der letzten Jahrzehnte und hat sich als kreativer Kopf einen Namen in der internationalen Comic-Szene gemacht. Berühmt sind dabei auch seine Parodien berühmter Comicklassiker wie Hergé oder Morris oder seine neuen Geschichten der «Lucky Luke» und «Tif et Tondue»-Reihen.
Das Cartoonmuseum Basel schafft es, die Vielseitigkeit dieses Ausnahmekünstlers faszinierend und unterhaltsam zu vermitteln und dir sein Wirken in einer wunderschön gestalteten Ausstellung näherzubringen. Dieses Wirken reicht bis in die Gegenwart zu seiner neu erschienenen Graphic Novel «La mer à boire», mit welcher ihm erneut ein Meisterwerk gelungen ist und du natürlich auch in der Ausstellung zu sehen kriegst.
Blutch – Demain!
Cartoonmuseum Basel. Zentrum für narrative Kunst
Vom 11. November 2023 bis 11. Februar 2024
Entdecke auch das spannende Rahmenprogramm mit Führungen, Workshops und Artist Talks.
© Cartoonmuseum Basel, «Blutch. Demain!», 2023
Als einziges Schweizer Museum und Kompetenzzentrum widmet sich das Cartoonmuseum Basel ausschliesslich der Kunst der narrativen Zeichnung. Es sammelt, präsentiert und vermittelt und leistet damit einen Beitrag zur Diskussion über diese Kunstform und über die gesellschaftlichen Themen, die sie aufnimmt.